Kurs der türkischen Militärintervention in Syrien nach der Operation Al-Bab

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Am 23. Februar erlangten die türkische Armee und eine Vereinigung von pro-türkischen militanten Gruppen, die als die freie syrische Armee (FSA) bekannt sind, die Kontrolle über die syrische Stadt Al-Bab. Al-Bab liegt im nördlichen Teil der Provinz Aleppo (ca. 36 km nordöstlich von Aleppo, ca. 26 km südlich der Grenze zur Türkei) und war seit über 2 Jahren unter der Kontrolle von IS Terroristen.

Am selben Tag kündigte der Chef des türkischen Generalstabes Hulusi Akar die Ziele an, die zu Beginn des Euphrat-Schildes in Syrien gesetzt wurden. Am 27. Februar verkündete Ilnur Cevik, Berater des türkischen Präsidenten Recep Erdogan, eine gegenteilige Erklärung und gab bekannt, dass die Türkei ihre militärische Operation in Syrien beenden wird, nachdem die Stadt Manbij eingenommen wurde. Zwar gibt es ernsthafte Zweifel daran, dass die türkische Beteiligung an der syrischen Krise begrenzt ist, so wurde die Einnahme von Al-Bab trotzdem zu einem wichtigen Sieg für Ankara.

Al-Babs strategische Bedeutung erhöhte sich, nachdem die demokratischen Einheiten Syriens, vor allem die kurdische YPG, Manbij eroberten, welches seit 2,5 Jahren als wichtiger IS-Logistik Knotenpunkt gedient hat, um die Dschihadisten aus der Türkei nach Syrien und zurückzubringen und auch Öl- und Rüstungssendungen zu erleichtern.

Die Kurden wollten Al-Bab auch dazu einnehmen, um den fragmentierten Kanton Shahba (mit einem Verwaltungszentrum von Tal Rifaat und Manbij) wieder zu vereinen, die von ihnen kontrollierten Gebiete zu konsolidieren und ein syrisches Kurdistan als unabhängiges Land oder eine breite Autonomie nominell in Syrien auszurufen.

Als Reaktion darauf führte die Türkei die Operation Euphrat Schild mit den regulären Einheiten der türkischen Armee und der FSA (Ahrar al-Sham, Sultan Murad Division, Jaysh al-Tahrir, al-Mu’tasim Brigade, Nour al-Din al-Zenki Bewegung, Nachkommen von Saladin Brigade, Hamza Division) ein um die Stadt von Norden her kommend mit Artillerie und Luftunterstützung der Türkei zu übernehmen. Die Operation Euphrat-Schild wurde am 24. August 2016 gestartet und seitdem haben die türkischen Kräfte die Kontrolle über die wichtigsten Städte Jarabulus, Al-Rai und Al-Bab erobert und das Al-Bab-Azaz-Jarabulus-Dreieck gesichert.
Nach Schätzungen offener Quellen waren an der Operation über 4.000 türkische Truppen und etwa 7.000 Mitglieder pro-türkischer militanten Gruppen beteiligt. 71 Mitglieder der türkischen Streitkräfte und 515 pro-türkische militante sind seit Beginn der Operation getötet worden. Im Gegenzug wurden laut pro-türkischen Quellen etwa 2.300 IS-Militante von den von Ankara geführten Einheiten getötet.

Aus der Perspektive der Türken ist die Verhinderung einer kurdischen Autonomie oder eines unabhängigen Staates ein nationales Interesse. Eine solche kurdische Einheit an der syrisch-türkischen Grenze würde die ethnischen Spannungen in der Türkei erhöhen und die bewaffnete Kampagne der türkischen Kurden eskalieren. Einige Experten glauben, dass mehrere mögliche Vereinbarungsrahmen zwischen der Türkei und Syrien bereits entworfen wurden, die den nördlichen Teil der Provinz Aleppo in türkische und syrische Einflusssphären teilen würden, während sie den de jure Status quo bewahren. Darüber hinaus ist die Türkei trotz ihres bedeutenden militärischen Potenzials und ihrer Position entweder dazu bereit oder gezwungen, mit Damaskus als gleichberechtigten Partner zu verhandeln. Die so genannten “Astana-Gespräche” mit der Türkei, dem Iran, Russland, Syrien und einem pro-türkischen Teil der so genannten “syrischen Opposition” sind ein klares Beispiel für diese Situation.

Die US-Strategie im Konflikt ist einer der Gründe für die aktuelle Haltung Ankaras. Während die US-geführte Koalition eindeutig die kurdischen YPG-Einheiten in Syrien unterstützt, kann Washington der Türkei keine Garantien geben, dass die Kurden kein syrisches Kurdistan verlautbaren werden, da sie die Kurden nicht vollständig kontrollieren. Der Oberste kurdische Rat (DBK) befindet sich in einem Zwiespalt zwischen dem kurdischen Nationalrat, der auf irakische Kurden schaut die pro-US eingestellt sind, und der demokratischen Union (PYD), die für breite Autonomie innerhalb des syrischen Staates plädiert, aber gegen eine vollständige Trennung ist. Allerdings können die USA ihre Unterstützung der syrischen Kurden nicht zurückziehen, denn in diesem Fall würde Washington kein Druckmittel mehr haben um sich auf syrischem Boden niederzulassen. Besonders inmitten von Trump’s Versprechen, einen verheerenden Schlag gegen IS in Syrien zu liefern, was die Intensivierung der Kampagne in Ar-Raqqa bedeutet.

Die wichtigste Schlacht wird jetzt auf diplomatischer Ebene geführt, in der die Türkei, der Iran, Syrien, die USA und Russland kämpfen, um auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen, der es ermöglichen soll, IS zu besiegen und die Krise zu lösen. Auf den ersten Blick scheint es so, dass die syrisch-russisch-iranische Allianz das sagen hat. Man muss sich aber an Erdogans Unbeständigkeit, seinen Expansionismus und den allgemeinen Stil der türkischen Außenpolitik erinnern. Niemand kann garantieren, dass jetzt, wo Al Bab und viel von der Provinz Aleppo übernommen wurde, die türkische Regierung ihre Unterstützung von Militanten in anderen Teilen der Provinz unter Schutz der FSA und anderer “moderater” nicht verstärken wird. Am 26. und 27. Februar fanden in der Nähe von Al-Bab bereits Zusammenstöße zwischen von der Türkei unterstützten militanten und der syrischen Armee statt. Allerdings ist noch keine umfangreiche Eskalation erfolgt. Die militärische Situation an der Abgrenzung zwischen pro-türkischen und syrischen Regierungskräften wird ein deutlicher Hinweis auf den laufenden Wettbewerb auf diplomatischer Ebene sein.

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