Während syrische Armee gegen ISIS in Raqqa marschiert greifen Al Kaida und FSA Aleppo an

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Ursprünglich erschienen bei Ein Parteibuch

Ein wenig grotesk hört es sich an. Während das von der Türkei und ihren Partnern unterstützte Gemisch an Al-Kaida- und FSA-Terroristen einen Großangriff nach dem anderen auf Aleppo durchführt und dabei südlich von Aleppo in den letzten Wochen schon eine Territorium erobert hat, beschäftigt sich die syrische Armee vornehmlich mit einem Marsch durch die Wüste weg von der strategisch wichtigen Millionenstadt Aleppo in Richtung der von ISIS-Terroristen beherrschten Provinzstadt Raqqa.

Doch das ist genau das Bild, was die syrische Armee seit Wochen abgibt. Am heutigen Donnerstag kam mal wieder die Meldung, dass die syrische Armee auf dem Weg nach Raqqa das Dorf Bir Anbaj ganz im Südwesten der Provinz Raqqa erobert hat. Seit Beginn ihrer Offensive gen Raqqa via Tabqa hat die syrische Armee damit von Ihtriya aus gerechnet schon 55 Kilometer Wüste am südöstlichen Zipfel der Provinz Aleppo erobert. Auf einer Karte von Breaking News vom Montag stellen sich die Fortschritte der syrischen Armee dort wie folgt dar:

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Die große Frage ist, was die syrische Armee mit diesem Vorstoß durch die Wüste eigentlich bezweckt. @Sayed_Ridha, der kein Feind Syriens ist, nennt den Vorstoß der Armee „sinnlos“ – es sei denn, da käme nördlich der Linie Ihtriya – Tabqa bald noch ein Vorstoß der syrischen Armee von Kuwairis über Deir Hafer zur vor Jahren aufgegeben Jirah Air Base, womit Sayed Ridha selbst nicht rechnet. Das Parteibuch hat für die Raqqa-Offensive der syrischen Armee auch keine durchschlagende Erklärung, außer vielleicht, dass es sich dabei um eine mit sehr wenig Ressourcen ausgeführte und langfristig angelegte Vorbreitung zur Sicherung des in vielerlei Hinsicht bedeutsamen Tabqa-Dammes handeln könnte, für den Fall, dass ISIS demnächst ganz plötzlich total kollabieren sollte.

Die syrische Nachrichtenagentur SANA meldete unterdessen am heutigen Donnerstag, dass in der Provinz Aleppo allein in den letzten 24 Stunden 20 Menschen durch Terrorangriffe getötet worden sind, der größte Teil davon in der Stadt Aleppo und im nördlich von Aleppo gelgenen Dorf Handarat. Die von der Türkei unterstützten Terroristen von Al Kaida und FSA feiern derweil beinahe täglich Massaker an syrischen Soldaten und Freiwilligen sowie Geländegewinne südwestlich von ALeppo, zuletzt nun die Eroberung der vor einem halben Jahr verlustreich und unter Einsatz von zahlreichen iranischen und irakischen Freiwilligen befreiten Ortschaft Qarassi.

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Die bislang ohne eine nennenswerte Gegenoffensive der syrischen Armee am Boden erfolgenden syrisch-russischen Luftangriffe können die Terroristen von Al Kaida und Co im Raum Aleppo nicht bezwingen, eben weil es dazu einer begleitenden Bodenoffensive bedürfte. Die westlichen Massenmedien von BBC bis zur deutschen Tagesschau treiben die von der Türkei unterstützten Terroristen bei ihren unter Bruch des offiziell nach wie vor geltenden Waffenstillstandes erfolgenden Offensiven an, indem sie – wie schon seit Jahren – die systematisch gefälschten Nachrichten von Al Kaidas Star-Propagandisten Hadi Al Abdullah und seiner Clique über vorgebliche Greueltaten eins zu eins an westliche Nachrichtenkonsumenten durchreichen als ob Hadis Märchen wahr wären.

Völlig unklar ist, was die syrischen Armee im Raum Aleppo außer der Eroberung von einigen Kilometern Wüste auf dem Weg nach Raqqa eigentlich gerade macht. Berichten zufolge soll bereits vor Wochen eine große Anzahl an Truppen der syrischen Armee nach Aleppo verlegt worden sein, doch wenn das stimmt, dann verhalten sie sich bislang jedenfalls völlig passiv. Dabei ist es seit Monaten völlig klar, dass das vom türkischen Machthaber Erdogan im Raum Aleppo unterstützte Gemisch an Terroristen von Al Kaida und FSA sich durch den Waffenstillstand und eine defensive Haltung nicht im Geringsten von Terrorangriffen und massiven Offensiven abbringen lässt, sondern sie sich durch eine defensive Haltung der syrischen Armee geradezu ermutigt fühlen, stärkere Angriffe durchzuführen. Da die russische Position aufgrund des formal noch geltenden Waffenstillstandes darin besteht, bei Gegenangriffen den Terroristen kein Territorium wegzunehmen, können die Terroristen bei ihren Attacken nicht mehr verlieren, als dass sie unter Verlusten zurückgeworfen werden.

Nun gibt es von syrischer Seite mal wieder Gerede, dass eine große und mit der russischen Luftwaffe koordinierte Offensive der syrischen Armee im Raum Aleppo bevorsteht. Weiterhin wird berichtet, dass sich die Verteidigungsminister Syriens, Irans und Russlands gegenwärtig in Teheran treffen, um die Lage in Syrien zu erörtern. Es bleibt also abzuwarten, was da beschlossen wurde, und wie und vor Allem wann das umgesetzt wird, während Erdogans Terroristen im Raum Aleppo weiter auf dem Vormarsch sind und die syrische Armee gen Raqqa marschiert.

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Paciphilius

Ich vermute, dass das außenpolitisch motiviert ist: Assad möchte signalisieren, dass er gegen den IS vorgeht und dadurch deutlich machen, wer die Kraft der Ordnung und des Gesetzes im Lande ist. Ein Kampf gegen FSA und Al Qaida/Al Nusra würde von den sie unterstützenden Mächten (besonders USA und Türkei) als Vorwand genommen, Assad weiter als Schlächter zu beschimpfen, doch den IS aus Raqqa zu vertreiben wird jedermann begrüßen.

Außerdem: Irgendwann *muss* es wieder Verhandlungen zur Beendigung des Bürgerkriegs geben. Wer dann mehr Territorium kontrolliert und den besseren Leumund hat, wird in der besten Position sein, seine Forderungen durchzusetzen (oder die Ausländer zu überzeugen, ihre Unterstützung gewisser Herrschaften einzustellen). Da der IS inzwischen eine unüberschaubare Anzahl an Feinden hat, ist er das leichteste Ziel.

Darüber hinaus kann es natürlich auch ganz einfach sein, dass Assad den IS als die schlimmsten unter den Verbrechern ausgemacht hat und sie daher mit der höchsten Priorität aus dem Land jagen will, einfach um sein Volk vor diesen Irren zu schützen.

Vermutlich ist es von allem ein bisschen, aber das außenpolitische Kalkül ist sicher der wichtigste Grund, denke ich.

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