Meinung: Der „26. NATO-Parteitag“ in Warschau

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Pressekonferenz des Generalsekretärs der NATO - NATO-Gipfel in Warschau, 08. Juli 2016

Pressekonferenz des Generalsekretärs der NATO – NATO-Gipfel in Warschau, 08. Juli 2016

Geschrieben und ursprünglich erschienen bei TheSaker

Also hat der groß beworbene NATO-Gipfel in Warschau endlich stattgefunden. Er war ein völliger Erfolg, zumindest, wenn das Kriterium darin besteht, dass das Ergebnis mit den Erwartungen übereinstimmte:

  • Poroschenko und Nadeschda Sawtschenko wurden eingeladen und wie respektierte Gäste behandelt
  • Russland wurde für seine „Aggressionen“ in Georgien, auf der Krim und in der Ukraine verurteilt
  • Die Polen pflasterten Warschau mit Postern mit der Aufschrift „ACHTUNG RUϟϟ LAND“
  • Die Balten haben jeder ein NATO-Bataillon erhalten, um den russischen Bären abzuschrecken
  • Russland wurde wegen Nichteinhaltung der Vereinbarungen von Minsk 2 verurteilt
  • Es wurde genug heiße Luft abgesondert, um die globale Erwärmung um mindestens 10 Grad zu verschlimmern

Offen gesagt, ist mir nicht danach, diese Idiotie zu kommentieren. Außerdem waren all diese Pseudoentscheidungen nie der wahre Zweck dieses Gipfels. Dieser Gipfel hatte ein völlig anderes Ziel, und auch dieses Ziel wurde vollkommen erreicht.

Das wirkliche Ziel des Gipfels bestand darin, die westlichen politischen Führer zu zwingen, zwischen Wirklichkeit und Ideologie zu wählen. Und sie haben alle die richtige Wahl getroffen, versteht sich. Sie haben die Wirklichkeit kategorisch zurückgewiesen und die Ideologie begeistert in die Arme geschlossen.

Darum wurde Russland vorgeworfen, Übereinkünfte nicht einzuhalten, deren Beteiligter es nicht einmal ist.

Darum wurde Russland „Aggression“ gegen Georgien vorgeworfen, obwohl selbst die EU zu dem Schluss kam, dass Georgien den Krieg angefangen hatte.

Darum wurde eine nicht existente russische Bedrohung angeprangert.

Darum wurde das zu 100% legale Referendum auf der Krim völlig ignoriert.

Die einstimmige Entschlossenheit aller westlichen Führer, die Wirklichkeit zu ignorieren und fest und öffentlich daran festzuhalten und ideologischen Unsinn für wahr zu erklären, war in Wirklichkeit das erwartbare Ziel dieses Gipfels.

Die AngloZionisten lieben es, „Botschaften zu senden“, und hier wurden mehrere Botschaften laut und deutlich gesendet.

Botschaft an Russland: Ihr habt es gewagt, Euch uns entgegenzustellen, und ihr dachtet, dass es euch hilft, Recht zu haben. Nun, Russland, leck uns, Russland, und leck uns, Wirklichkeit! Ihr seid entweder mit uns (d.h. unter unserer Kontrolle), oder ihr werdet wie Parias behandelt.

Botschaft an das europäische Volk: falls irgendjemand von euch vorhat, uns zu trotzen, zeigen wir euch eine geeinte Front. Geeint in der parasitären Superstruktur, die die EU regiert, im Interesse der örtlichen 1% Kompradorenelite Russlands, und im Interesse des anglozionistischen Empire. Also denkt nicht einmal darüber nach, unabhängig, frei oder ähnlichen Blödsinn zu sein. Wir beherrschen den Planeten, und ihr gehorcht.

Botschaft an den Rest des Planeten: denkt nicht einmal darüber nach, euch Russland anzuschließen oder es gar zu unterstützten, denn wenn ihr das tut, werden wir euch wie einen Zweig zerbrechen. Wir beherrschen den Planeten, und wir machen jeden, und zerstören ihn auch.

Und nicht zuletzt,

Botschaft an sie selbst: wir haben die Kontrolle, wir werden siegen, die Russen müssen nachgeben, wir sind unverwundbar.

Ich würde vermuten, dass diese letzte Botschaft die wichtigste von allen ist. Weil die AngloZionistischen Führer sich natürlich fürchten. Sie fürchten sich vor allem vor Russland, versteht sich, aber noch mehr vor dem, wofür Russland steht. Sie fürchten sich vor einem Dollar, der von nichts gehalten wird, nicht vom Öl, und nicht einmal von den Flugzeugträgern der US-Navy. Sie fürchten sich vor der wachsenden Erkenntnis, dass immer weniger Leute dort draußen vor ihnen Angst haben. Sie fürchten sich, weil Länder wie Russland, der Iran oder China offen erklären, dass sie einem anderen wirtschaftlichen und zivilisatorischen Modell folgen werden. Aber mehr als alles andere versetzt sie die wachsende Erkenntnis in Schrecken, dass „ihre eigenen Leute“ (zumindest theoretisch) sie hassen und verachten.

Das Lächerlichste daran ist, wie die AngloZionisten die Russen fehldeuten. Aus dem Blickpunkt der russischen Kultur ist alles, was der Westen und die NATO getan haben, ein Zeichen der Schwäche. Warum sollte sich ein starkes Bündnis mit bedeutungslosen Drohungen abgeben (NATO-Bataillone oder ABM-Systeme)? Warum sollte ein starkes Bündnis so handeln, als gäbe es die Wirklichkeit nicht? Aus einem russischen Blickwinkel ergeben all das Säbelrasseln und die Effekthascherei nur ein gigantisches Eingeständnis der Schwäche, und sie sind völlig unbeeindruckt. Und sie scheuen nicht davor zurück, ihre Verachtung für etwas auszudrücken, was sie als lächerliche Zurschaustellung der Inkompetenz ratloser westlicher Führungen sehen.

Das heißt nicht, dass sich die Russen keine Sorgen machen. Sie machen sie sich. Sehr. Weil sie auch verstehen, dass die AngloZionisten, trotz ihres lächerlichen Mangels an politischer Vision und selbst grundlegender Professionalität, immer noch sehr gefährlich sind. Es braucht nicht viel Intelligenz, um einen nuklearen Krieg auszulösen. Während die Russen also jetzt das Empire offen verachten, realisieren sie dennoch, dass es genau der Mangel an Kompetenz im Westen ist, die der russischen Führung ein enormes Maß an Vorsicht und Geduld abverlangt, um das Empire „sanft zu Boden zu bringen“, ohne einen planetenweiten Nuklearkrieg auszulösen.

Man könnte sagen, dass Russland die Schwäche der USA/EU/NATO weit mehr fürchtet, als ihre Stärke.

Schließlich begreifen viele Russen, dass die westliche Zivilisation so diskreditiert, moralisch bankrott und im Grunde tot ist, wie es die sowjetische Zivilisation Ende der 1980er war. Es gibt keine „westlichen Werte“ mehr, zumindest nicht in einer Qualität, die für mehr taugt als für Witze und höhnischen Spott. Alle tun so, aber niemand glaubt noch irgend etwas davon. Dieses grandiose Konzeptgebäude, das sich aus Vorstellungen wie ‘Demokratie’, ‘Menschenrechte’, ‘Freiheit’, ‘Gerechtigkeit’ zusammensetzt, ist eingestürzt und jenseits jeder Möglichkeit der Wiederherstellung. Die gute Nachricht ist, dass dieser Kollaps nicht endgültig ist, und dass, so wie sich Russland nach 2000 schließlich wiederentdeckte, es auch der Westen tun wird, die USA wie auch Europa. Ich kann mir leicht vorstellen, wie die Völker des Westens sich endlich ihren historischen Wurzeln wieder zuwenden, aber sie werden das auf eine neue, moderne Art tun. So wie das Russland von 2000-2016 nicht das Russland vor 1917 ist, so wird der neue Westen als etwas Neues entstehen, aber mit Wurzeln in der fernen Vergangenheit. Aber ehe das geschieht, wird der Westen einen schmerzhaften und sehr gefährlichen Prozess der Desintegration durchlaufen müssen, ähnlich dem, was die Sowjetunion zwischen etwa 1980 und 2000 erlebte.

Dimitri Orlow hat völlig recht. Der Zusammenbruch des Westens ist unvermeidlich, und ein Studium des Zusammenbruchs der Sowjetunion könnte viele interessante Lektionen lehren.

Aber vorerst sind wir in unserer heutigen Wirklichkeit gefangen. Eine Welt, die zwiegespalten ist, mit einem sterbenden, wahnhaften und schwachen Empire auf der einen Seite und so ziemlich dem Rest der Menschheit auf der anderen. In dieser sterbenden und instabilen Welt spielte der NATO-Gipfel in Warschau die gleiche Rolle, die der XXVI. Kongress der KPdSU in der Sowjetunion 1981 spielte: eine anrührende Show der Einheit im Angesicht eines unvermeidlichen Zusammenbruchs.

Wenn wir uns daran erinnern, was der UdSSR und Russland in den darauf folgenden zwei Jahrzehnten geschah, können wir daraus nur schließen, dass wir dabei sind, in eine sehr schwierige und gefährliche Periode der Geschichte einzutreten.

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