Ergebnisse der Prüfung des Libyeneinsatzes Großbritanniens – Gründe für Flugverbotszone basierten fast vollständig auf Lügen

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Das britische Unterhaus veröffentlichte am 4. September 2016 die Ergebnisse der Prüfung des Libyeneinsatzes Großbritanniens. Fazit: Gründe für Einführung der “Flugverbotszone” basierten fast vollständig auf Lügen! Und nun sollen wir ihnen auch nur ein Wort über Syrien glauben?

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Dieser Artikel erschien zuerst bei Bürgerinitiative für Frieden in der Ukraine

Das britische Unterhaus hat am 4. September 2016 die Ergebnisse der Prüfung des Libyeneinsatzes Großbritanniens veröffentlicht. Darin wird festgestellt, dass die Informationen, die zur Verabschiedung der Resolution 1973 führten, die auch von GB unterstützt wurde, fast vollständig auf Lügen und interessengeleiteten Angaben basierten. Insbesondere Frankreich wird darin ein Großteil der Verantwortung dafür zugeschoben (GB und USA dabei reinwaschend).

Der damalige französische Außenminister Alain Juppé behauptete in seinen Ausführungen zum Resolutionsantrag: „Die Situation am Boden ist alarmierender denn je durch die gewaltsame Rückeroberung der Städte […] Uns bleibt nur wenig Zeit, vielleicht ist es nur eine Frage von Stunden…“ Nachfolgende Analysen legen nahe, dass die Bedrohung für Zivilisten öffentlich übertrieben wurde und die Rückeroberung der Städte keine Massen an Opfern unter Zivilisten forderte.

Im französischen Exil lebende Libyer, die in Opposition zur libyschen Regierung standen und gemeinsam mit dem französischen intellektuellen Establishment einen Regimechange in Libyen erreichen wollten, befeuerten die Angst vor einem möglichen Massaker in Bengasi.

Zu den politischen Motiven Frankreichs werden französische Geheimdienstmitarbeiter zitiert. Diesen zufolge wurde Frankreichs Präsident Sarkozy von folgenden Motiven angetrieben:

  1. Der Wunsch, einen größeren Anteil an der Libyschen Ölproduktion zu gewinnen,
  2. Erhöhung des französischen Einflusses in Nordafrika,
  3. Verbesserung seiner innenpolitischen Situation in Frankreich,
  4. dem französischen Militär die Möglichkeit zu geben, seine Position in der Welt wieder zu behaupten
  5. die Sorge seiner Berater über Gaddafis Plan, Frankreich als dominante Macht im frankophonen Afrika zu ersetzen.

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Zur Beweisgrundlage „Geheimdienste“ kann man zusammenfassen, dass es so gut wie keine gab. Wer Akteure waren, Stammesstrukturen, die historische und regionale Komplexität Libyens, wurde nicht beachtet. Warum kämpften in einem Land mit 6 Millionen Einwohnern etwa 15.000 „Rebellen“ in Bengasi und auch im Westen, aber nicht in Tripolis? Die Aufklärung über den Anteil an islamistischen Extremisten, die in der Anti-Gaddafi-Rebellion beteiligt waren, war unzureichend.

Zum Wissen über die Teilnahme von Al-Qaida und anderen extremistischen Gruppen an der „Rebellion“ befragt, sagt der Geheimdienstchef Lord Richards of Herstmonceux , dass das für den Geheimdienst eine „Grauzone“ gewesen wäre, jedoch einige „respektable Libyer“ versichert hätten, dass militante islamistische Milizen nicht vom Aufstand profitieren würden.

Fazit hier:

„Die Möglichkeit, dass extremistische Gruppen versuchen würden, von der Rebellion zu profitieren, hätte nicht nur eine Domäne der Nachbetrachtung sein dürfen. Libysche Verbindungen mit transnationalen, militanten, extremistischen Gruppen waren schon vor 2011 bekannt, weil viele Libyer gemeinsam mit Al-Qaida am Aufstand im Irak und in Afghanistan teilgenommen hatten.“

Einschätzung der Beweisgrundlage gegen Gaddafi

Trotz Gaddafis oft harter Rhetorik gab es keinerlei Hinweise darauf, dass er ein Massaker an Zivilisten in Bengasi befehlen würde. Die Libysche Regierung hatte im Februar 2011 bereits andere Städte zurückerobert, ohne Zivilisten zu attackieren. Während des Kampfes in Misrata verzeichnete das Krankenhaus 257 Getötete und 945 Verwundete im Februar und im März 2011. Diese Opfer umfassten 22 Frauen und 8 Kinder. Libysche Ärzte berichteten den UN-Ermittlern, dass Tripolis‘ Leichenschauhäuser mehr als 200 Leichen beherbergten, von denen zwei (2) Frauen waren. Diese Ungleichheit zwischen männlichen und weiblichen Opfern legt nahe, dass die Regierungstruppen männliche Kämpfer in einem Bürgerkrieg unter Feuer nahmen und nicht wahllos auf Zivilisten schossen.

Am 17. März 2011 verkündete Gaddafi gegenüber den Rebellen von Bengasi: „Werft Eure Waffen weg, genauso wie es Eure Brüder in Ajdabiya und anderen Orten getan haben. Sie legten ihre Waffen nieder und waren sicher. Wir haben sie überhaupt nicht verfolgt.“ Nachfolgende Untersuchungen zeigten, dass, als Gaddafis Regierungstruppen Ajdabiya im Februar 2011 zurückeroberten, sie keine Zivilisten angriffen. Muammar al-Gaddafi versuchte auch, die Demonstranten mit einem Entwicklungshilfeangebot zu beschwichtigen, bevor er schließlich Soldaten schickte.

Der Gastprofessor am Kings College Joffé führt weiter aus, dass „die Sprache, die benutzt wurde, zwar Grauen erweckend war, es jedoch Beispiele aus der Vergangenheit gab, die zeigten, wie Gaddafi handeln würde. Wenn man zu den amerikanischen Bombardierungen von Tripolis und Bengasi 1980 zurückgeht, anstatt zu versuchen, Bedrohungen für das Regime im Osten, in der Cyrenaika, zu beseitigen, wandte Gaddafi 6 Monate auf, um zu versuchen, die Stämme zu befrieden, die dort angesiedelt waren. Das ist ein Beleg dafür, dass er sich sehr wohl der Unsicherheit von Teilen des Landes und der Unwahrscheinlichkeit, dass er sie durch schiere Gewalt kontrollieren konnte, bewusst war. Daher wäre er sehr vorsichtig in der tatsächlichen Reaktion gewesen … die Angst vor dem Massaker an Zivilisten wurde in beträchtlichem Ausmaß zu hoch angesetzt .“

Immigranten, die in Opposition zu Muammar standen, nutzten die Unruhen in Libyen aus, indem sie die Bedrohung für Zivilisten übertrieben und die Westmächte zur Intervention ermutigten. Im Laufe seiner 40-jährigen Regierungszeit hatte sich Muammar Gaddafi viele Feinde im Nahen Osten und Nordafrika geschaffen, die in ähnlicher Weise die Bedrohung für die Zivilbevölkerung übertrieben. Alison Pargeter (politische Analystin des Mittleren Ostens und Nordafrikas am Royal United Services Institute sagte dazu, dass „die Frage der Söldner übertrieben wurde. Mir wurde von Libyern hier gesagt: ‚Die Afrikaner kommen. Sie werden uns massakrieren. Gaddafi schickt die Afrikaner auf die Straßen. Sie töten unsere Familien.‘ Ich denke, das war sehr übertrieben. Aber ich denke, auch die arabischen Medien haben hier eine sehr wichtige Rolle gespielt. Al-Jazeera insbesondere, aber auch Al-Arabiya berichteten, dass Gaddafi Luftangriffe gegen die Menschen in Bengasi führe, und ich glaube, sie übertrieben alles wirklich sehr, und es stellte sich als unwahr heraus.“

Eine Untersuchung von Amnesty International im Juni 2011 konnte die Anschuldigungen massenhafter Menschenrechtsverletzungen durch Gaddafi-Regimetruppen nicht untermauern.

Sie fand jedoch Beweise, dass Rebellen in Bengasi falsche Beschuldigungen machten und Beweise fälschten. Die Untersuchung ergab, dass „vieles der westlichen Berichterstattung in den Medien von Anfang an eine sehr einseitige Sicht der Logik der Ereignisse präsentiert hat, die Protestbewegung als vollkommen friedlich darstellend und immer wieder darauf hindeutend, dass die Sicherheitskräfte des Regimes unerklärlicherweise unbewaffnete Demonstranten, die keine Gefahr für die Sicherheit darstellen würden, massakrierten.”

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Unterstützung der Rebellen

Der Einsatz der Luftstreitkräfte der Koalition verlagerte das militärische Gleichgewicht im libyschen Bürgerkrieg zugunsten der Rebellen. Lord Richards erklärte, dass „die Luftstreitkräfte ein Unterstützer, jedoch keine Garantie für den Sieg sind… Die Rolle der Bodentruppen ist letztendlich entscheidend. Folglich, während die Luftmacht existenziell war … wenn die Milizen und unsere arabischen Alliierten nicht da gewesen wären, eine Schlüsselrolle spielend, bin ich nicht so sicher, ob die Luftstreitkräfte im Fall Gaddafis gehandelt hätten, wie sie es getan hatten.“

Die Kampfleistung der Bodentruppen der Rebellen wurde durch Personal und Geheimdienstinformationen, die von Staaten wie Großbritannien, Frankreich, der Türkei, Katar und den Vereinigten Arabischen Emiraten zur Verfügung gestellt wurden, verstärkt. Zum Beispiel erzählte Lord Richards, dass Großbritannien bei den Rebellen „ein paar Leute embedded hatte“.

Resolution 1973 forderte die Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen auf, die “strikte Umsetzung des Waffenembargos zu gewährleisten.” Die internationale Gemeinschaft drückte jedoch ein Auge zu bei den Waffenlieferungen an die Rebellen. Lord Richards hob “den Grad, in dem die Emiratis und Katarer … eine wichtige Rolle für den Erfolg der Bodenoperation spielten”, hervor. Zum Beispiel lieferte Katar französische Milan-anti-Panzer-Raketen an bestimmte Rebellengruppen. Katar lieferte seine Waffen an bevorzugte Milizen anstatt an die Rebellen als Ganzes.

Die Kombination aus den Luftstreitkräften der Koalition mit Waffenlieferungen, Geheimdienstinformationen und Personal für die Rebellen garantierte die militärische Niederlage der Regierung Gaddafis. Am 20. März 2011, zum Beispiel, zogen sich Muammar Gaddafis Truppen nach Angriffen französischer Flugzeuge etwa 40 Meilen von Bengasi zurück. Wenn die primäre Aufgabe der Intervention der Koalition die dringende Notwendigkeit war, Zivilisten in Bengasi zu schützen, dann wurde dieses Ziel in weniger als 24 Stunden erreicht.

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Das ist nur ein kleiner Teil der Veröffentlichung, wir möchten es aber jedem nahelegen, sich die Originalveröffentlichung durchzulesen. Dort werden noch weitere wichtige Fragen erörtert, wie u. a. die vertane Chance der friedlichen, politischen Lösung des Konfliktes.

All diese nun vom House of Commons veröffentlichten Erkenntnisse sind nicht neu. Fast alles, was dort geschildert wird sehen wir seit einigen Jahren auch in Bezug auf Syrien und Präsident Assad.

Wer schreit am lautesten nach der Einrichtung einer Flugverbotszone und der Entmachtung des blutrünstigen Diktators Assad? Es sind die gleichen Akteure, die schon Libyen zerstört haben!

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