Donbass 2017: Die Offensive der ukrainischen Streitkräfte (WSU) spielt den Volksrepubliken in die Hände

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In diesem Fall wird sich eine Gelegenheit ergeben, einen entscheidenden Sieg zu erringen.

Foto: Mikhail Sokolov / TASS

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Ursprünglich erschienen bei svpressa.ru (translated by O.S.)

Aleksey Polubota

Material wird kommentiert von:

Aleksandr Schatilov

Wir setzen unsere Publikation von Prognosen für das Jahr 2017 fort. Heute wird der Donbass unser Thema sein: eine Region, in der die Beschüsse nicht aufhören und wo fast täglich Menschen sterben.

Im vergangenen Jahr sind allein in der Volksrepublik Donezk (DNR) über 300 Menschen durch Beschüsse der WSU getötet worden, in mindestens drei Fällen davon handelte es sich um Kinder. Es wird zunehmend deutlich, dass sich das Minsker Abkommen in ein Schriftstück ohne jegliche Rechtskraft verwandelt hat. Was erwartet die Volksrepubliken im Jahr 2017? Eine Fortsetzung des aufreibenden „eingefrorenen Konfliktes“ und der wirtschaftlichen Blockaden oder doch eine signifikante Veränderung?

– Ich habe bereits erläutert, wie wichtig die offizielle Verurteilung der Ereignisse vom Februar 2014 als Staatsputsch durch das Moskauer Staatsbezirksgericht von Dorogomilov für die Republiken des Donbass und für die gesamten Beziehungen zwischen Russland und der Ukraine sind, kommentiert der Politologe und Vertreter der DNR im Bezirk Rostow, Eduard Popow. – Ich denke, dass dies ein sehr bedeutendes Ereignis ist, welches den Grundstein für den Prozess der Delegitimierung des Regimes von Petro Poroschenko darstellen könnte. Und gerade in Anbetracht der Tatsache, dass auf die Ukraine im Jahr 2017 mit hoher Wahrscheinlichkeit bedeutende, oder sogar revolutionäre Ereignisse zukommen, könnte das Urteil des Moskauer Gerichts sich als überaus nützlich erweisen. Es ist übrigens kein Zufall, dass in den westlichen Medien eine Kampagne zur Diskreditierung von Poroschenko eingeleitet wurde. Unter anderem wurde ein überaus kritischer Artikel mit Anschuldigungen an die Adresse des Präsidenten der Ukraine im amerikanischen Nachrichtenmagazin „Time“ veröffentlicht. Aus diesem Grund würde ich nicht ausschließen, dass die Teile der WSU, die derzeit bei Debalzewo und Lugansk stationiert sind, an einem neuen Maidan beteiligt sein werden.

Was die Republiken des Donbass angeht, so werden sie den schwierigen Weg des Aufbaus stattlicher Strukturen faktisch unter Kriegsbedingungen fortsetzen.

Ich habe, wie andere Experten auch, bereits mehrfach eine Offensive der WSU angekündigt. Bislang gibt es, wenn man von den kürzlich stattgefundenen Kämpfen bei Debalzewo absieht, keine weiteren Anzeichen für eine Eskalation der Kampfhandlungen. Allerdings ist die Wahrscheinlichkeit dafür, dass Poroschenko wieder versuchen wird, einen weiteren Maidan zu verhindern und zu diesem Zweck die Armee in eine Offensive schickt, im kommenden Jahr überaus hoch.

„SP“:- Angenommen, wir erachten Poroschenko endgültig als illegitimen Präsidenten, müssen wir in einem solchen Fall nicht auf die „große Offensive“ der WSU warten, um die Armeen der DNR und LNR offen zu unterstützen?

– Die Armeen der Volksrepubliken sind niemals als erste in die Offensive gegangen, sie haben sich immer auf Gegenoffensiven beschränkt. Es ist jetzt nicht im Interesse Russlands, als erstes in den ukrainischen Konflikt einzutreten. Für den Fall, dass die WSU siegt, kann man den Donbass befreien. In Privatgesprächen äußern Angehörige des ukrainischen Militärs, dass sie nicht beabsichtigen, mit voller Kraft um den Donbass zu kämpfen. Allerdings ist es gerade jetzt, am Vorabend des Dienstantritts des neuen Präsidenten der USA, besonders wichtig, unfreundlich gesinnten Kräften im Westen keinen neuen Anlass zu bieten, um Russland ein weiteres Mal der Aggression zu bezichtigen. Wir sind daran interessiert, im höchsten Maße konstruktive Beziehungen mit der neuen Administration von Donald Trump zu etablieren.

„SP“:- Derzeit werden in den russischen Massenmedien sowohl Neurussland als auch das Minsker Abkommen kaum erwähnt. Es scheint so zu sein, dass alle sich mit der Situation abgefunden haben. Einer Situation, in der das Abkommen regelmäßig verletzt wird und Artilleriegeschosse weiterhin auf friedliche Häuser fallen. Inwieweit ist es realistisch, zumindest den Punkt bezüglich der vollständigen Einstellung des Feuers im Donbass umzusetzen, ganz zu schweigen von der politischen Komponente?

– Am 23 Dezember wurde ein zusätzliches Abkommen zur „Weihnachtsfeuerpause“ geschlossen. Ich muss gestehen, dass ich mir noch Reste einer Illusion in Bezug auf das ukrainische Bandera-Regime bewahrt habe. In einem der Kommentare habe ich die Vermutung geäußert, dass die Feuerpause wenigstens bis Weihnachten erhalten bleibt. Allerdings hat das ukrainische Militär bereits am nächsten Tag wieder das Feuer eröffnet. Aus diesem Grund sehe ich keine Anzeichen einer Verbesserung der Situation.

Viele Probleme können gelöst werden, ohne die große Politik mit einzubeziehen. Das gilt sowohl für russische Beamte als auch für Beamte der Republiken des Donbass. In jedem Fall muss man, wenn man das Problem der Staatsbildung ernsthaft zu lösen beabsichtigt, zuallererst Ordnung im Beamtenapparat schaffen, um diesen von verdecktem Einfluss ukrainischer Agenten sowie von unprofessionellen Mitarbeitern zu befreien.

Natürlich werden die Republiken auf absehbare Zeit weiterexistieren. Es ist nicht auszuschließen, dass es zu einem Zusammenschluss der DNR und LNR kommen wird. Doch trotzdem ist eine Zukunft von Donezk und Lugansk, meiner Ansicht nach, nur im Rahmen Russlands möglich. Wobei auch die Variante der Bildung einer Konföderation in Betracht gezogen werden muss, vorausgesetzt, andere Regionen der Südostukraine würden sich diesem Vorhaben anschließen.

– Es kursiert bereits ein Witz, der davon handelt, dass Wladimir Putin bei Donald Trump anruft und diesen fragt: „Was machen wir mit der Ukraine?“, erzählt Aleksandr Schatilov, Dekan der Fakultät für „Soziologie und Politologie“ an der wirtschaftlichen Regierungsuniversität der Russischen Föderation. Daraufhin entgegnet der amerikanische Präsident verwundert: „Welche Ukraine?“. „ Alles klar, Danke, Donald“ sagt Putin.

Im Übrigen muss man Folgendes verstehen: Selbst wenn Trump die Versprechungen, die er im Zuge des Wahlkampfes gegeben hat, vollständig erfüllt und die USA ihre Einflussnahme auf die Situation in der Ukraine einstellen, wird er eine solche Trumpfkarte nicht einfach ersatzlos aufgeben. Ich denke, dass er als Geschäftsmann versuchen wird, die politischen Aktive der Ukraine für etwas anderes einzutauschen.

Außerdem würde ich nicht ausschließen, dass Kiew beschließt,  zum Ende der Regierungszeit von Obama in den letzten und entscheidenden Kampf zu ziehen. Die Zeit der Neujahresfeste passt dafür ausgezeichnet.

Übrigens, egal wie hart das auch klingen mag,  ein entschlossener Sturm der WSU steht im Einklang mit den Interessen der Donbassrepubliken, da sich ihnen in einer solchen Situation die reelle Gelegenheit bietet, Territorien zurückzugewinnen, die von der WSU okkupiert sind und auf diesem Wege endgültige Souveränität zu erlangen.

„SP“: – Was sollte Russland tun, wenn die DNR und LNR den Donbass vollständig unter ihre Kontrolle bekommen? Sie in die Russische Föderation aufnehmen, die Unabhängigkeit anerkennen oder in der Rolle eines neutralen Beobachters verbleiben?

– Ich denke, dass Russland es vorziehen wird, dass die Republiken über einen gewissen Zeitraum in einem „halbsouveränen Zustand“ existieren  So wie wir das am Beispiel von Abchasien und Südossetien sehen können. Mit diesen Republiken wurden enge ökonomische und militär-politische Beziehungen aufgebaut. Und im Prinzip ist Russland mit dieser Situation derzeit zufrieden, es besteht keine dringende Notwendigkeit diese Republiken in die Russische Föderation aufzunehmen. Wenn es auch im Donbass gelingen sollte, das Kiewer Regime zu einem echten Frieden zu zwingen, wäre dies für uns eine ganz annehmbare Variante.

„SP“: – Es ist allerdings kein Geheimnis, dass die freundschaftlichen Beziehungen zu Abchasien und Südossetien Russland im Verlauf mehrerer Jahre eine beträchtliche Summe gekostet haben. Haben wir in der gegenwärtig schwierigen ökonomischen Lage denn genug Mittel, um den zerstörten Donbass beim Wiederaufbau zu unterstützen?

– Auf jeden Fall würde die Aufgabe des Donbass für Russland viel größere Verluste bedeuten: zuallererst wären das Imageschäden und geopolitische Verluste. Aus diesem Grund müssen wir der DNR und der LNR helfen. Das ist in unserem Interesse. Es ist für mich nicht nachvollziehbar, wenn ich Überlegungen höre, in denen die Rede davon ist, dass Russland beispielsweise zuviel in die Krim  investiert, das neue Territorien uns zu hohe Kosten verursachen usw.

Wenn auf diesen Territorien Menschen leben, die die russische Staatsbürgerschaft haben möchten, bedeutet das, dass sich diese Regionen früher oder später nicht nur selbst versorgen , sondern auch Profite für das föderale Budget erwirtschaften werden. Schauen Sie, die ukrainische Staatsanwaltschaft hat ein Strafverfahren gegen Silvio Berlusconi nur aus dem Grund eröffnet, weil er auf der Krim einen Flasche Wein im Wert von 100.000 Euro getrunken hat. Wenn man im Laufe der Zeit das Qualitätsniveau der Weinherstellung auf der Halbinsel erhöht, wird es viele solche Flaschen geben. Ich spreche gar nicht erst von den geopolitischen Vorteilen, den Hafenanlagen usw. Ich denke, dass man im Donbass durch eine fachkundige Nutzung der vorhandenen Personalkapazitäten durchaus erreichen kann, dass diese Region profitabel wird.

Was die Minsker Abkommen angeht, diese werden spätestens im September des nächsten Jahres endgültig begraben sein. Im April werden die Präsidentschaftswahlen in Frankreich stattfinden. Ich möchte daran erinnern, dass Francois Hollande einer der Garanten dieser Vereinbarungen gewesen ist. Wegen seiner niedrigen Umfragewerte wird er nicht bei dieser Wahl kandidieren. Und im September wird ein neuer Kanzler in Deutschland gewählt. Derzeit stehen die Chancen von Angela Merkel nicht schlecht, aber wer weiß, was in Deutschland noch passieren wird. Noch so ein Terroranschlag, wie der von Berlin, und die Menschen werden ihr die Migrationskrise nicht verzeihen. Es steht ebenfalls nicht fest, ob Poroschenko bis zu diesem Zeitpunkt an der Macht bleiben wird.

„SP“: – Angenommen, diese Situation des „Halbkrieges“ im Donbass bleibt bestehen, könnte Russland zumindest in der Sphäre der Ökonomie „in die Offensive gehen“? Insbesondere die Zollschranken zur DNR und LNR abschaffen? Es ist kein Geheimnis, dass viele Unternehmen der Volksrepubliken aus der Sphäre der Lebensmittelproduktion, aber auch aus  anderen Bereichen, am Rande der Schließung balancieren, eben weil sie ihre Produkte nicht nach Russland exportieren können. Wegen der bereits erwähnten Zollschranken steigt der Preis der Produkte, was wiederum dazu führt, dass sie in Russland nicht mehr konkurrenzfähig sind. Daraus folgt, das wir Kolonnen mit humanitären Hilfsgütern in die Republiken schicken, anstatt den Menschen vor Ort die Möglichkeit zu geben, selbst zu verdienen.    

Dies ist in der Tat eine leidige Frage. Ich habe viele Unternehmer aus der DNR und LNR in meinem Bekanntenkreis. Sie sind alle ratlos aus diesem Grund. Im Grunde stellt Russland nicht alle möglichen Varianten einer vollwertigen ökonomischen Zusammenarbeit mit den verbündeten Republiken zur Verfügung. Ich würde sogar von einer gewissen bürokratischen Blockade der LDNR von Seiten Russlands sprechen. Und das alles unter den Bedingungen einer reellen militärisch-ökonomischen Blockade von Seiten der Ukraine. Ich kann lediglich meine Hoffnung darauf zum Ausdruck bringen, dass  die Delegitimierung der Regierung in Kiew es Russland ermöglichen wird, die formalen Aspekte zu vernachlässigen und die Zollschranken de-facto abzuschaffen.

Darüber hinaus gibt es viele Fragen bezüglich der Führungsqualität in den Republiken selbst. Ein Großteil derer, die Beamte in der Ukraine waren, haben die Farben gewechselt und sind nun Beamte der DNR und LNR. Paradox ist ebenfalls, dass ein großer Teil der Steuern von Unternehmen der DNR und LNR weiterhin in das ukrainische Budget abgeführt werden. Ich möchte hier an ein Sprichwort erinnern: Was nutzt es, wenn der Zar ernennt, aber der unmittelbare Vorgesetzte sich nicht daran hält? (Freie Übersetzung)

„SP“: – Können wir das Leben der Republiken denn wenigstens wirtschaftlich erleichtern, indem wir die Zollschranken aufheben, wenn sich  der „eingefrorene Konfliktes“ über das ganze Jahr 2017 fortsetzten sollte?

Bestimmte halblegale wirtschaftliche Verbindungen bestehen auch jetzt. Natürlich kann Russland, solange es den Donbass als Teil der Ukraine anerkennt, nicht nach innerrussischen Bedingungen mit der DNR und LNR handeln. Das ist übrigens gängige Praxis. Es gab Zeiten, als  Russland sich, mit Georgien liebäugelnd, unter vorgeschobenen Vorwänden weigerte, abchasische Mandarinen zu kaufen. Allerdings wissen wir, womit das schlussendlich geendet ist. Auch im Fall der Ukraine könnte sich eine solche Situation wiederholen, zumal sich das Kiewer Regime so ähnlich wie ein Rowdy benimmt, der keine Gegenwehr bekommt – immer dreister. Es ist bereits bis zur Entsendung von Diversanten auf die Krim und zu der Festnahme von unseren Militärangehörigen gekommen. Es werden Beschlüsse eines Kiewer Gerichts bezüglich einer Durchsuchung der Administration des russischen Präsidenten verabschiedet usw. Wenn sich das auch weiterhin fortsetzen sollte, wird Kiew früher oder später die rote Linie überschreiten und wird, wie man so schön sagt, das volle Programm bekommen.

„SP“: – Kann die kürzlich erfolgte Anerkennung der Ereignisse in Kiew vom 22 Februar 2014 als Staatsputsch die Zukunft der Volksrepubliken des Donbass in irgendeiner Weise beeinflussen?

– Das ist eine politische Entscheidung. Zunächst wird diese keine praktischen Folgen nach sich ziehen. Aber für den Fall, das die WSU im Donbass versucht, ein „kroatisches Szenario“ zu realisieren, werden wir die Sachlage so darstellen können, dass eine unrechtmäßige Staatsmacht eine Strafexpedition gegen die eigene Bevölkerung durchführt. Wiederum wird man für den Fall, dass in der Ukraine ein unkontrollierbarer  Prozess des Krieges Aller gegen Alle ausbricht, diese Gerichtsentscheidung „aus dem Ärmel“ ziehen können, und die Ukrainer, gerade zur rechten Zeit, daran erinnern, dass der letzte tatsächlich vom gesamten Volk gewählte Präsident der Ukraine Wiktor Janukowitsch gewesen ist.

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