Die konfuse Agonie der Obama-Regierung

Donate

die-konfuse-agonie-der-obama-regierung

Dieser Artikel erschien zuerst auf The Vineyard Saker – Deutsche Version

vom Saker

Why the recent developments in Syria show that the Obama Administration is in a state of confused agony

Die jüngsten Ereignisse in Syrien sind, so glaube ich, nicht das Ergebnis irgendeines überlegten Plans der USA, ihren „moderat terroristischen“ Verbündeten vor Ort zu helfen, sondern das Symptom von etwas noch Schlimmeren: dem kompletten Kontrollverlust der USA über die Lage in Syrien und möglicherweise andernorts. Ich will noch einmal wiederholen, was passiert ist:

Erst haben nach vielen Tagen intensiver Verhandlungen die Außenminister Kerry und Lawrow endlich eine Übereinkunft über eine Waffenruhe in Syrien erreicht, die zumindest die Möglichkeit beinhaltete, die Lage vor Ort „einzufrieren“, bis zu den Präsidentenwahlen in den USA und dem Regierungswechsel (was momentan das wichtigste einzelne Ereignis in naher Zukunft ist, daher kann keine Art von Plan über dieses Datum hinausgehen).

Dann hat die US-Luftwaffe gemeinsam mit einigen anderen eine Einheit der syrischen Armee bombardiert, die nicht in Bewegung war, oder in intensive Gefechte verwickelt, sondern schlicht einen wichtigen Sektor der Front hielt. Der Schlag der USA wurde von einer massiven Offensive der „moderaten Terroristen“ gefolgt, die gerade noch von der syrischen Armee und den russischen Luft-Raum-Kräften aufgehalten werden konnten. Unnötig zu erwähnen, dass nach einer solch dreisten Provokation die Waffenruhe tot war. Die Russen zeigten ihre absolute Abscheu und Wut über diesen Angriff und begannen, öffentlich zu sagen, die Amerikaner seien „недоговороспособны“. Wörtlich heißt das „nicht vereinbarungsfähig“ oder, unfähig, eine Vereinbarung zu treffen und sich dann daran zu halten. Auch wenn sie höflich ist, ist diese Formulierung doch sehr stark, weil sie eher nicht absichtliche Täuschung ausdrückt, sondern vielmehr das Fehlen der Fähigkeit, eine Übereinkunft zu treffen und sie einzuhalten. Die Russen haben beispielsweise oft gesagt, das Kiewer Regime sei „nicht vereinbarungsfähig“, und das macht Sinn angesichts der Tatsache, dass die von Nazis besetzte Ukraine im Grunde ein gescheiterter Staat ist. Aber von einer nuklearen Supermacht zu sagen, sie sei „nicht vereinbarungsfähig“, ist eine schreckliche und extreme Diagnose. Sie bedeutet im Grunde, dass die Amerikaner verrückt geworden sind und ihre grundlegende Fähigkeit verloren haben, irgendeine Art von Abkommen zu treffen. Noch einmal, eine Regierung, die ihre Zusagen bricht oder zu täuschen versucht, die aber zumindest theoretisch im Stande wäre, sich an Vereinbarungen zu halten, würde nicht als „nicht vereinbarungsfähig“ bezeichnet. Dieser Ausdruck wird nur gebraucht, um ein Gegenüber zu beschreiben, das schon die Fähigkeiten, die es braucht, um zu verhandeln und eine Vereinbarung zu halten, nicht in seinem politischen Werkzeugkasten hat.

Als nächstes kam die lächerliche und absolut unprofessionelle Szene mit der US-Botschafterin Samantha Powers, die aus einem UN-Sicherheitstreffen heraus marschierte, als der russische Vertreter sprach. Das hat die Russen schlicht umgeworfen, nicht durch den infantilen Versuch der Beleidigung, sondern wegen des völligen Mangels an diplomatischer Professionalität, den Powers zeigte. Aus russischer Sicht macht eine Supermacht, die schlicht den Raum verlässt, wenn die andere Supermacht eine Erklärung abgibt, deutlich zu verstehen, dass sie schlicht unverantwortlich ist, und das ist wieder ein Zeichen, dass ihr amerikanisches Gegenüber „nicht mehr alle Tassen im Schrank hat“.

Schließlich kam der krönende Moment: der Angriff auf den humanitären Konvoi, für den die USA, natürlich, Russland beschuldigten. Die Russen konnten abermals kaum ihren Augen trauen. Zuerst einmal war das ein solch offenkundiger und, offen gesagt, in den Kindergarten passender Versuch, zu zeigen, dass „die Russen auch Fehler machen“ und dass „die Russen den Waffenstillstand getötet haben“. Zweitens, da gab es dieses faszinierende Statement der Amerikaner, die sagten, das hätten nur zwei Luftwaffen tun können – entweder die Russen oder die Syrer ( wie die Amerikaner hoffen konnten, damit durchzukommen, in einem Luftraum, der völlig von russischem Radar erfasst wird, entzieht sich mir!). Irgendwie „vergaßen“ die Amerikaner, zu erwähnen, dass ihre eigene Luftwaffe in dem Gebiet auch präsent war, zusammen mit der Luftwaffe vieler US-Verbündeter. Vor allem, sie vergaßen zu erwähnen, dass in jener Nacht bewaffnete US Predator-Drohnen genau über diesen Konvoi flogen.

Was in Syrien geschehen ist, ist schmerzlich offensichtlich: das Pentagon hat die Abmachung, die zwischen Kerry und Lawrow getroffen wurde, sabotiert, und als das Pentagon beschuldigt wurde, dafür verantwortlich zu sein, hat es eine eher grobschlächtige False-Flag gestartet und versucht, die Russen zu beschuldigen.

Alles das zeigt einfach nur, dass sich die Regierung Obama in einem Zustand konfuser Agonie befindet. Das Weiße Haus ist offenbar derart von Sinnen ob der Möglichkeit eines Siegs von Trump im November, dass es im Grunde die Kontrolle über seine Außenpolitik allgemein verloren hat, und insbesondere in Syrien. Die Russen haben ganz wörtlich recht: die Regierung Obama ist tatsächlich „nicht vereinbarungsfähig“.

Natürlich heißt die Tatsache, dass die Amerikaner sich wie ahnungslose frustrierte Kinder benehmen, nicht, das Russland ebenso erwidern wird. Wir haben bereits gesehen, dass Lawrow zurück geht und weiter mit Kerry verhandelt. Nicht, weil die Russen naiv sind, sondern gerade weil sie, im Gegensatz zu ihren US-Kollegen, professionell sind und wissen, dass Verhandlungen und offene Kommunikationskanäle immer, und grundsätzlich, besser sind als „Weglaufen“, vor allem, wenn man es mit einer Supermacht zu tun hat. Die Beobachter, die Russland kritisieren, es sei „schwach“ oder „naiv“, projizieren schlicht ihren, vor allem amerikanischen, „Satz an Reaktionen“ auf die Russen und begreifen die einfache Wahrheit nicht, dass die Russen keine Amerikaner sind, anders denken und anders handeln. Zum einen ist es den Russen gleich, ob sie als „schwach“ oder „naiv“ wahrgenommen werden. Tatsächlich würden sie es vorziehen, so gesehen zu werden, wenn dies ihren Zielen dient und beim Gegner Verwirrung über ihre wirklichen Absichten und Fähigkeiten auslöst. Die Russen wissen, dass sie das größte Land der Welt nicht aufgebaut haben, indem sie „schwach“ und „naiv“ waren, und sei werden sich nicht von einem Land belehren lassen, das jünger ist als viele russischen Gebäude. Das westliche Paradigma ist üblicherweise dieses: eine Krise führt zu einem Zusammenbruch der Verhandlungen und darauf folgt der Konflikt. Das russische Paradigma ist völlig verschieden: eine Krise führt zu Verhandlungen, die bis zur letzten Sekunde geführt werden, ehe ein Konflikt ausbricht. Dafür gibt es zwei Gründe: erstens, bis zur letzten Sekunde weiter zu verhandeln macht es möglich, bis zur letzten Sekunde einen Ausweg aus der Konfrontation zu suchen, und, zweitens, Verhandlungen bis zur letzten Sekunde machen es Möglich, so nahe wie möglich an die Erreichung strategischer Überraschung für einen Angriff zu kommen.

Also wird Lawrow weiter verhandeln, gleich, wie lächerlich und unnütz solche Verhandlungen erscheinen mögen. Und Lawrow selbst wird vermutliche nie offiziell das Wort “недоговороспособны” gebrauchen, aber die Botschaft an das russische Volk und an die syrischen, iranischen und chinesischen Verbündeten Russlands wird sein, dass Russland an diesem Punkt jede Hoffnung auf Verhandlungen mit der jetzigen US-Regierung verloren hat.

Obama und Co. haben vollauf damit zu tun, Hillarys Gesundheits- und Charakterprobleme zu verbergen und gerade jetzt können sie vermutlich nur an eines denken: wie sie die kommende Debatte Hillary-Trump überleben. Das Pentagon und das Department of State sind vor allem damit beschäftigt, einander zu Syrien, der Türkei, den Kurden und Russland zu bekämpfen. Die CIA scheint mit sich selbst zu kämpfen, obwohl das schwer zu bestätigen ist.

Es ist wahrscheinlich, dass von Kerry und Lawrow noch irgendeine Übereinkunft verkündigt wird, wenn nicht heute, dann morgen oder übermorgen. Aber, offen gesagt, ich stimme mit den Russen vollkommen überein: die Amerikaner sind wirklich „nicht vereinbarungsfähig“, und zu diesem Zeitpunkt sind sowohl der Konflikt in Syrien als auch der in der Ukraine eingefroren. Ich meine nicht „eingefroren“ im Sinne von „keine Kämpfe“, ganz und gar nicht, sondern ich meine „eingefroren“ im Sinne von „keine größeren Entwicklungen möglich“. Es wird immer noch Gefechte geben, gerade jetzt, da die Wahabi- und Naziverbündeten der USA merken, dass ihr Boss nicht aufpasst, weil er mit Wahlen und Rassenunruhen beschäftigt ist, aber da in keinem dieser Kriege eine schnelle militärische Lösung möglich ist, werden die taktischen Zusammenstöße und Offensiven keine strategischen Resultate ergeben.

Sofern es keine False-Flag innerhalb der USA gibt, die die Wahlen streichen, wie die Ermordung von Hillary oder Trump durch einen „einsamen Schützen“, werden die Kriege in der Ukraine und in Syrien weitergehen, ohne Aussichten auf irgendeine Art bedeutungsvoller Verhandlungen. Und ob Trump oder Hillary ins Weiße Haus kommt, Anfang 2017 wird es einen größeren „Reset“ geben. Trump wird vermutlich Putin für größere Verhandlungssitzungen treffen wollen, zu allen wichtigen ausstehenden Fragen zwischen den USA und Russland. Wenn Hillary und ihre Neocons es ins Weiße Haus schaffen, dann wird irgendeine Art von Krieg zwischen Russland und den USA fast unmöglich zu verhindern sein.

Der Saker

PS.: einige russische Militärexperten sagen, die Art der Schäden, die auf den Aufnahmen des Angriffs auf den humanitären Konvoi stimmen nicht mit einem Luftangriff oder selbst mit einem Artillerieangriff überein und sehen eher nach dem Ergebnis der Explosion mehrerer improvisierter Sprengsätze aus. Wenn dem so ist, würde das immer noch nicht auf Russland deuten, sondern auf die „moderat terroristischen“ Kräfte, die jenen Ort kontrollieren. Das könnte immer noch eine von den USA befohlene False-Flag sein, oder, alternativ, der Beweis, dass die USA die Kontrolle über ihre Wahabi-Verbündeten vor Ort verloren haben.

Donate

SouthFront

Subscribe
Notify of
guest
0 Comments
Inline Feedbacks
View all comments
0
Would love your thoughts, please comment.x
()
x