Die Festung Deir ez-Zor: Alles was Sie über den Kampf gegen ISIS in Ostsyrien wissen müssen

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Einer der Kriegsschauplätze in Syrien, wo sowohl die Syrisch-Arabische Armee (SAA) als auch die Zivilbevölkerung seit mehr als drei Jahren eingeschlossen Kämpfen und erfolgreich feindliche Angriffe abwehren, ist die Stadt Deir ez-Zor.

Die Stadt ist laut Daten aus dem Jahr 2012 die siebtgrößte Syriens (nach Bevölkerung), in der etwa 240.000 Menschen lebten. Die Syrer selbst nennen sie die “Perle der Wüste”. Sie ist ein großes touristisches und kulturelles Zentrum des Landes. Sie ist auch das Zentrum einer landwirtschaftlichen Region mit gut entwickelter Viehhaltung, dem Anbau von Baumwolle und anderer Pflanzenkulturen. Aber in erster Linie ist sie Syriens Zentrum der Ölförderung. Das Gouvernement Deir ez-Zor ist die Heimat des größten Ölfeldes Syriens, dem al-Omar. Für den Islamischen Staat (IS) sind Stadt und das Gouvernement von besonderem Wert, da die Ablagerungen dort den wertvollen Rohstoff enthalten, der bei der Herstellung von Benzin und Dieselkraftstoff auch bei der heimischen Herrenstellung nutzbar ist. Ab Oktober 2015 extrahierte der Islamische Staat bis zu 40 Tausend Barrel Rohöl am Tag. Das große Ölfeld Al-Tanak lieferte bis zu 12 Tausend Barrel pro Tag, während Al-Omar bis zu 9 Tausend Barrel hochwertiges Rohöl produzierte.

Abbildung 1. Karte der syrischen Erdölvorkommen. Quelle: http://ig.ft.com/sites/2015/isis-oil/

Abbildung 1. Karte der syrischen Erdölvorkommen. Quelle: http://ig.ft.com/sites/2015/isis-oil/

Darüber hinaus ist Deir ez-Zor ein Verkehrsknotenpunkt, die die Städte Syriens mit dem benachbarten Irak verbinden. Der Flughafen Deir ez-Zor (Aéroport de Deir ez-Zor), der südlich der Stadt liegt, ist ein Gemeinschaftsflugplatz da er nicht nur die Zivilluftfahrt, sondern auch die Luftwaffe Syriens beherbergt.

Das Vorspiel zur Blockade

Die Situation in Deir ez-Zor begann sich zu verschlechtern, als nach den Freitagsgebeten am Vorabend des Ramadan Ende Juli 2011, unbekannte Personen, gekleidet in militärische Uniformen das Feuer auf die Zivilbevölkerung eröffneten. Anschließend protestierte die Stadt für den Rücktritt von Baschar al-Assad. Um die Ruhe und Ordnung wiederherzustellen, wurden Truppen in das Gouvernement geschickt. Zu dieser Zeit begannen Kampfhandlungen von unterschiedlichster Intensität in der Stadt und dem Gouvernement.

Im Herbst des Jahres 2012 kontrollierten die Freie Syrische Armee (FSA) und ihre situationsbedingten Verbündeten der Al-Nusra-Front (Dschabhat al-Nusra, syrischer Zweig der al-Qaida) 90 % des Gouvernements. Dies nicht rein zufällig. Lange Kolonnen mit hochwertigem syrischen Rohöl beladene Tanker führen regelmäßig in Richtung der Grenze zur Türkei.

Anfang 2013 eroberten die Rebellen die Ölfelder des Gouvernements und konnten in das benachbarte Gouvernement al-Hasaka (im Nordosten Syriens) vorstoßen.

Bis Mai 2013 kontrollierten die Rebellen die Hälfte der Stadt, während das Militär die andere Hälfte, militärische Einrichtungen und einige der Ölindustrie, kontrollierte.

Im August starteten die Rebellen eine groß angelegte Offensive, welche auf eine Gegenoffensive der syrischen Streitkräfte traf. Bis Oktober wurden die Regierungskräfte aus der Stadt vertrieben.

Im November erlangten die Rebellen die Kontrolle über die größte syrische Erdöllagerstätte, Al-Omar. Seitdem ist die Regierung vollstendig von der Einfuhr von Erdölprodukten abhängig. Bis zum Ende des Jahres erlangten die Rebellen die Kontrolle über nahezu alle Ölfelder des Landes.

Der Mittelpunkt der Kämpfe verlagerte sich anschließend in Richtung der westlichen Bereiche von Deir ez-Zor, den Vororten, welche sie vom Flughafen trennt.

Ab Anfang 2014 kam es zu Spannungen zwischen den verschiedenen Rebellengruppen (Dschabhat al-Nusra, Dschaisch al-Islam, Ahrar al-Scham, Reste der Freien Syrischen Armee, sonstige als Mejlis of Eastern Mujahideen Shura vereinte Brigaden) und jenen Kräften, welche sich selbst als Islamischer Staat (IS) bezeichneten.

Am 10. Februar 2014 sah sich der Islamische Staat aufgrund der zahlenmäßigen Überlegenheit von al-Qaida, FSA und anderen Gruppen, die danach strebten die reichen Erdölvorkommen zu erobern, gezwungen, Deir ez-Zor zu verlassen und den Fokus seiner Kräfte auf al-Hasaka und ar-Raqqa zu richten.

Die erfolgreichen Operationen des IS im Juni 2014 im Irakerlaubte es ihnen eine erhebliche Menge Munition, moderner Waffen und westlicher Militärausrüstung zu erobern. Ein Teil davon wurde sofort in die vom IS kontrollierten Gebiete nach Syrien geschickt. Das gab ihnen eine klare taktische Überlegenheit gegenüber Regierungskräften und anderen Rebellen.

Am 14. Juli 2014, nach der Vernichtung einiger Einheiten Dschabhat al-Nusras, zwang der IS die Rebellen die Stadt Deir ez-Zor zu verlassen. Am 03. September unternahm der IS seinen ersten eigenständigen Versuch, den Flughafen einzunehmen. Die SAA konnte den Angriff mit Luftunterstützung abwehren.

Am 15. September 2014 sprengten Sturmpioniere der Regierungskräfte die Brücke Siyasiyeh, gleichzeitig die letzte über den Euphrat, welche von Einheiten des IS zur Nachschubzufuhr verwendet wurde. Am 12. November übernahm die 104. Luftlandebrigade nach intensiven Kämpfen die Kontrolle über Sakr Island (Hajeewa Sakr). Sie entdeckten ein kleineres Netzwerk aus Tunneln, welche unter Zwang des IS von Einwohner angelegt wurde. Im Inneren befanden sich große Mengen an Medikamenten und chirurgischer Ausrüstung.  Während der Offensive vom Dezember 2014 (vom 03. bis 10. Dezember) erlangten die Militanten die Kontrolle über einen Teil der Ortschaft Al Jafra und der Position des Raketenartillerie-Bataillons im Nordosten der Stadt. Die Einnahme der Anhöhe Turdah südlich des Flughafens gelang ihnen wiederum nicht.

Zwischen dem 16. und 21. Januar 2016 startete der IS einen Angriff auf die Stadt aus nördlicher, östlicher und südlicher Richtung. Eine Gruppe von Militanten schickte sechs Selbstmörder, die versuchten, die Kontrollpunkte in den Vorstädten zu durchbrechen, aber ohne Erfolg. Im Laufe des Tages unternahm der IS weitere Versuche. Trotz des verzweifelten Widerstandes der SAA erlangte der Islamischen Staat die Kontrolle über die Vorstädte Al-Bughayliya und Ayyash sowie die Farmen von Al-Mariyah. Unabhängige Quelle berichteten über den Tod von 330 Zivilisten und über 90 Soldaten, während 400 Angehörige von Militärs gefangen genommen wurden. Über 350 Kämpfer der Militanten wurden bei dieser Offensive getötet.

Während den fünf Jahren der Kämpfe verloren beide Seiten nach verschiedenen Einschätzungen 3.000 Militante (einschließlich IS) und 2.500 Soldaten der Streitkräfte Syriens. Nach konservativsten Schätzungen starben etwa 1.000 Zivilisten. Bei der Bewertung der Verluste muss man bedenken, dass jede der Krieg führenden Parteien feindliche Verluste übertreibt und in ihre Berichte überträgt, um diese Berichte über eigene Erfolge und feindliche Niederlagen als Propaganda zu nutzen. Während militärische und zivile Verluste auf dem staatlich kontrollierten Territorium durch das zentrale Statistikbüro Syriens verfolgt werden, werden die des IS und zivile Opfer auf dem vom IS kontrollierten Territorium von verschiedenen Stiftungen und Organisationen verfolgt, die der Regierung von Baschar al-Assad feindlich gesinnt sind. Diese Organisationen werden meist von den USA und ihren Verbündeten finanziert und organisiert. Daher ist es schwierig, von einer objektiven Datenerfassung zu sprechen.

Die Ziele der Kriegsparteien und ihre taktischen Methoden

Kampfkraft

Etwa 5.000 Soldaten der Streitkräfte Syriens kämpfen in der eingekreisten Stadt. Die Stärke der militanten Kräfte, welche die Stadt umgeben, ist unbekannt, wird aber auf mindestens 7.000 geschätzt. Die Kräfte der SAA kontrollieren 40 % des Stadtgebietes mit 100.000 Einwohnern. Der IS kontrolliert den Rest mit 50.000 Einwohnern.

Die 104. Luftlandebrigade, teil der Republikanischen Garden der Syrisch-Arabischen Armee bilden den Kern der Stadtverteidigung. Zu den Kräften der SAA gehören auch Einheiten der 137. und der 123. machanisierten Briegade, lokale Milizeinheiten, Teile des 119. und 71 Regiments, dem 8. Geschwader der Luftwaffe (10 MiG21s und einige Mi-8/17s, Mi-25s) im Deir ez-Zor Luftwaffenstützpunkt. Das 104. wird unterstützt vom 819. die mit Su-24M2 ausgestattet sind. Die Verteidigung wird von Generalmajor Issam Zahreddine geleitet. Die Hauptaufgabe der SAA ist es, den Flughafen zu halten und, wenn möglich, die Blockade zu durchbrechen sowie militante Kräfte zu zerstören.

Abbildung 2. Kampfjet der syrischen Luftwaffe auf dem Flugfeld von Deir ez-Zor nach einem Kampfeinsatz.

Abbildung 2. Kampfjet der syrischen Luftwaffe auf dem Flugfeld von Deir ez-Zor nach einem Kampfeinsatz.

Das wichtigste Ziel des IS ist die Einnahme des Flughafens, danach die Stadt. Sobald der Flughafen eingenommen ist, wäre die Niederlage der SAA, welche ohne Nahrung und Munitionsversorgung zurückbleiben würde, nur noch eine Frage der Zeit. Der Flugplatz ist sowohl für die Bevölkerung als auch für die Verteidiger von entscheidender Bedeutung. Nur so kann die Festung versorgt und verstärkt werden. Die meisten Kämpfe finden rund um den Flugplatz und dem Hügel al-Tardah statt, von dem man den Flugplatz überblickt und somit eine hervorragende Feuerposition besitzt. Anfang Mai 2015, als der IS die Stadt Palmyra eroberte, ist die Straßenverbindung Deir ez-Zor-Palmyra-Homs durchtrennt und die Einheiten der SAA eingeschlossen. Die nächste Basis ist 160 km entfernt und liegt nahe Palmyra.

Abbildung 3. Die von den Krieg führenden Parteien kontrollierten Gebiete in Deir ez-Zor. Kartenquelle: @ EmmanuelGMay / Twitter

Abbildung 3. Die von den Krieg führenden Parteien kontrollierten Gebiete in Deir ez-Zor. Kartenquelle: @ EmmanuelGMay / Twitter

Während des letzten Jahres folgten die Kampfhandlungen einem bestimmten Muster. Die Militanten starten Angriffe von al-Jafra Farmen und al-Mariiyah, von Süden und Osten des Flugplatzes. Die SAA, mit Luft- und Artillerieunterstützung, wehrte diese Angriffe ab. Beide Parteien kehrten zur Ausgangsposition zurück.

Wir können die taktische Vorgehensweise auf Grundlage der Berichte von einem Kampftag begutachten. Am 23. November zu Beispiel wehrten die Einheiten der SAA einen mächtigen Angriff des IS auf den Flughafen ab. Die Schlacht dauerte sechs Stunden und endete mit einem klaren Sieg für die syrischen Streitkräfte. Die Terroristen griffen den Süden des Flughafens aus Richtung der benachbarten Farmen an. Darüber hinaus wurden die Positionen der syrischen Streitkräfte bei den Jafra Farmen angegriffen. Die Positionen wurden zunächst mit gepanzerten VBIEDs (Vehicle Borne Improvised Explosive Device – Mit Sprengstoff gefülltes Auto oder Lastkraftwagen wird zum Zielpunkt gefahren und zur Explosion gebracht) angegriffen, gefolgt von Kämpfern, deren Aufgabe es war, die Feuerpositionen der SAA zu identifizieren. Diese Positionen wurden darauf von Scharfschützen des IS angegriffen. Konzentrierte Attacken des IS wurden durch Artillerie, Mörser und Feuer von großkalibrigen Maschinengewehren zerstört.

Die Regierungskräfte hinderten den Feind in Nahkämpfe einzutreten und brach dessen Formationen auf lange Distanzen auf. Über 30 Dschihadisten starben bei diesem Gefecht. Unter ihnen befanden sich Söldner aus Marokko, Ägypten und Saudi-Arabien.

Abbildung 4. Ein von den Verteidigern der Stadt bereits bei der Anfahrt zerstörter BMP des Islamischen Staat

Abbildung 4. Ein von den Verteidigern der Stadt bereits bei der Anfahrt zerstörter BMP des Islamischen Staat

Die Stadt ist darüber hinaus ein Schauplatz für Minenkrieg. Eine Spezialeinheit der Syrisch-Arabischen Armee, bekannt als al-Qasim Gruppe, führte am 20. November eine Operation durch, um zwei vom Islamischen Staat zur Versorgung verwendete große Tunnel zu zerstören. Die syrischen Streitkräfte gruben eine Mine aus Richtung des Bezirks al-Afri und Platzierten einen mächtigen Sprengsatz unter dem Tunnel. Im benachbarten Stadtteil Port Said wurde von der Gruppe al-Qasim dieselbe Taktik angewendet. Sobald die Gräben Minen fertiggestellt waren, wurde der Sprengstoff zur Detonation gebracht, Dutzende Dschihadisten getötet und die Infrastruktur erheblich beschädigt. Die Dschihadisten unternahmen Versuche, ebenfalls Gräben und Tunnel in Richtung der Positionen der syrischen Regierungskräfte zu graben. Dies wurde jedoch effektiv unterbunden.

Abbildung 5. Die Verteidiger der Stadt feuern auf Positionen des Islamischen Staat.

Abbildung 5. Die Verteidiger der Stadt feuern auf Positionen des Islamischen Staat.

Die Kämpfer des IS, die die Bedeutung der Stadt sowie die Professionalität ihrer Verteidiger kennen, setzten rege auf Selbstmordattentate via Person und Fahrzeug ein. Es gibt Berichte, wonach der Islamische Staat Drohnen verwendet, um die Positionen der SAA zu beobachten. Am 29. Oktober 2014 erlangte die SAA die Kontrolle über eine Drohne des IS und zwang diese auf dem Friedhof der Stadt zu landen. Am 15. April wurde eine Drohne des IS gezwungen im Industriegebiet Deir ez-Zors zu landen. Am 15. November 2016 wurde eine IS-Drohne abgeschossen, Wrackteile gingen nahe des Flughafen nieder.

Ein in seinem Zynismus erstaunliches Ereignis fand am 16. September 2016 statt. Kampfflugzeuge der US-geführten Koalition griffen die Streitkräfte der Republik in der Nähe des Flughafens und al-Tardah an. Es wurden dabei 62 Soldaten sofort getötet, während später – so berichtete es Al-Masdar News – 106 Soldaten durch die bei dem Angriff zugeführten Verletzungen starben. Der Angriff wurde von zwei A-10 Erdkampfflugzeugen, welche von zwei F-16 Mehrzweckkampfflugzeugen unterstütz wurden, ausgeführt. Bezeichnenderweise griff der Islamische Staat sieben Minuten nach dem Angriff die Positionen der SAA auf Al-Tardahan und eroberte diese. Diese zeitliche Synchronisation zeigt deutlich die Koordination zwischen US-Luftwaffe und IS-Kämpfern. Doch noch am Ende des Tages wurden bei Reaktionen russischer und syrischer Kampfflugzeuge 38 Kämpfer getötet und der SAA gelang es schlussendlich die Kontrolle über die an den feind verlorenen Positionen zurückzuerlangen. Darüber hinaus eroberte die SAA den Hügel Tal Krum. Die Kämpfer des IS schossen eine syrische MiG ab. Am 18. September eroberte der Islamische Staat wiederum den Hügel, von wo aus sie eine unmittelbare Bedrohung für den Luftwaffenstützpunkt darstellen. Der IS eroberte des Weiteren die Basis des Artilleriebataillons im Süden des Flughafens. Aufgrund dieser Begebenheit sah sich das syrische Militär gezwungen, zusätzliche 1.000 Soldaten nach Deir ez-Zor zu entsenden.

Dies führte zu einer paradoxen Situation: Die syrischen Streitkräfte, welche Deir ez-Zor verteidigen, stehen Militanten gegenüber die ungefähr gleichstark sind. Gewöhnlich sind die Verteidiger von den Belagerern um einen Faktor von zwei oder drei zu eins unterlegen. Was hat diese Anomalie verursacht?

Die Vor- und Nachteile der Krieg führenden Parteien

Vorteile der SAA: Die syrischen Streitkräfte bestehen in diesem Gebiet aus gut ausgebildeten Einheiten mit Luft- und Artillerieunterstützung. Darüber hinaus sind die Truppen in Verteidigung und besetzen vorbereitet Positionen mit gutem Schussfeld. Einer der entscheidenden Faktoren ist, dass dem Kommando bekannt ist, dass der Feind den Flughafen um jeden Preis einnehmen will. Daher konzentriert sich der Hauptteil der Streitkräfte in diesem Bereich. Die Luftwaffenbasis von Palmyra kann von den Luft- und Raumfahrtkräften Russland verwendet werden, um in Notsituationen Hilfe zu leisten.

Vorteile des Islamischen Staat: Die genaue Zahl der Militanten in und um der Stadt ist unbekannt. Das ist ein entscheidender Faktor. Da die SAA keine Luftaufklärung durchführt, kann der IS schnell und unentdeckt massive Kräfte heranziehen und am Angriffspunkt eine Überlegenheit zum Gegner etablieren. Die SAA kann mit Drohen (meist Zivilen) aufklären.

Allerdings muss man auch Dritte berücksichtigen, wie die USAF (United States Air Force), die bereit ist, Positionen der syrischen Armee anzugreifen. Es scheint, dass die westliche Koalition lautstark dagegen ist, dass die Regierungskräfte die Kontrolle über Deir ez-Zor zurückerlangen.

Nachteile der SAA: Sie ist nicht in der Lage, Überlegenheit gegenüber den Militanten zu entwickel und verfolgt dieses Ziel auch nicht. Außerdem versteht sein Kommando, das er die Leben seiner Soldaten nicht verschwenden kann. Es ist nicht möglich schwere Rüstung über den Luftweg zu senden, daher ist jeder funktionstüchtige Panzer und BMP unbezahlbar. Es gibt keine Luftaufklärung der feindlichen Stellungen. Die Truppen des IS sind gut mit Waffen gegen Luftziele, einschließlich HMGs und MANPADS ausgestattet. Aufgrund ihrer schnellen Fortbewegung sind die Kämpfer nicht für Aufklärungsmissionen geeignet, Hubschrauber sind zu anfällig für Luftabwehr. Die Kraftstoffvorräte sind gering und kommen nur im Notfall zum Einsatz. Es gibt Munitionsengpässe und Flugzeuge sind meist mit lokal gefertigten Bomben ausgerüstet. Zudem muss die Armee im Auge behalten, das es in der Stadt auch Zivilisten gibt.

Die humanitäre Situation

Krieg ist an und für sich eine Gräueltat. Am schlimmsten ist, dass viele Einwohner der Stadt verhungern und unter dem Missbrauch der radikalen Islamisten leiden. Niemand zählt die Opfer unter den Zivilisten, die vom Islamischen Staat und unter ihren Vorgängern wie der Freien Syrischen Armee und Al-Qaida getötet wurden. Der stellvertretende Generalsekretär der Vereinten Nationen Farhana Haka kommentierte die Situation in Deir ez-Zor so: “Ungefähr 200 Tausend Menschen, hauptsächlich Frauen und Kinder, befinden sich in rasch verschlechternden Lebensumständen im belagerten westlichen Teil von Deir ez-Zor in Syrien. Sie benötigen sofortige humanitäre Hilfe, einschließlich Nahrung und Medizin. Es gibt Berichte über extreme Unterernährung und Tod durch Verhungern.”

Des Weiteren gaben die Vereinten Nationen bekannt, dass es für sie nicht möglich ist, aufgrund der intensiven Kämpfe, die regelmäßig in der Nähe des Flughafens ausbrechen, regelmäßige Hilfslieferungen nach Deir ez-Zor bereitzustellen.

Abbildung 6. Blick auf einen der Bezirke von Deir ez-Zor.

Abbildung 6. Blick auf einen der Bezirke von Deir ez-Zor.

Niemand, außer der syrischen Regierung und den russischen Luftwaffenkommandanten, befassen sich mit den Hungernden in der Stadt. Allein russische Transportflugzeuge des Militärs lieferten zwischen Januar und August 2016 ungefähr 360 Tonnen Nahrung, Medizin, Kleidung und Zelte. Syriens Transportflugzeuge spielen ebenfalls eine wichtige Rolle bei der Versorgung. Ohne sie wäre die Stadt schon vor langer Zeit verloren gegangen und es ist schwer vorstellbar, was die Militanten den Einwohner angetan hätten. Die Stadt ist seit langer Zeit von der Überlandkommunikation abgeschnitten.

Wir werden versuchen, uns an die Stelle der syrischen Regierung zu stellen, die sich der Aufgabe widmen muss, die belagerte Stadt zu versorgen.

Diese Berechnung basiert auf den Besonderheiten der arabischen Küche und den minimalen täglichen Ernährungsanforderungen für Erwachsene. Es gibt auch Kinder in der Stadt, deren Ernährungsbedürfnisse zwischen 800 Kalorien / Tag für Neugeborene und bis 2800 Kalorien / Tag für 15-18 jährige sind. Ihre Bedürfnisse wurden in dieser Schätzung nicht berücksichtigt.

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Daher sind täglich 100.000 * 1 kg oder 100 Tonnen pro Tag zu liefern.

Militärpersonal hat in der Regel höhere Ernährungsbedürfnisse von 3000 Kalorien / Tag. Bei einzelnen Feldrationen, die von Russland geliefert werden (jeweils 2 kg), dann 5.000 * 2 kg = 10 Tonnen pro Tag. Wenn sie die gleichen Produkte essen, die von Zivilpersonen verbraucht werden:

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5.000 Einzelpersonen * 1,5 kg = 7,5 Tonnen pro Tag.

Der gesamte Nahrungsmittelbedarf beträgt also 107,5 Tonnen pro Tag.

Neben der Nahrung benötigt die Stadt Medizin, Treibstoff, Hygieneartikel, Post, Geld und natürlich Munition.

Die wichtigsten syrischen Luftwaffenstützpunkte sind in der Lage, alle Typen von Transportflugzeugen die Deir ez-Zor beliefern abzufertigen, darunter Damaskus und Tiyas (Gouvernement Homs). Die syrischen Transportfliegerkräfte umfassen Iljuschin Il-76 (insgesamt 3), Antonow An-26 (6) und Mil Mi-8 (ca. 50).

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Wir nehmen an, dass die Iljuschin Il-76 von Damaskus starten und die Antonow An-26 und Mil Mi-8 von Tiyas operieren.

Um den Bedarf der Stadt zu decken, bedarf es folglich:

  1. Zwei Il-76M-Flüge mit jeweils 40 Tonnen sowie zwei An-26 Flüge mit jeweils 5,5 Tonnen und fünf Mi-8 Flüge mit jeweils 4 Tonnen für insgesamt 111 Tonnen.
  2. Die Il-76Ms benötigen 18 Tonnen Kraftstoff, An-26 2,6 Tonnen, Mi-8 8 Tonnen. Das macht insgesamt 28,6 Tonnen Kraftstoff.

Laut IATA betrugen die Kosten für Flugzeugtreibstoff im Nahen Osten und Afrika am 18. November 2016 432 Dollar die Tonne. Für 28,6 Tonnen macht dies 12,355 Tonnen pro Tag. In Wirklichkeit sind die Kraftstoffkosten höher.

Diese Berechnungen beinhalten nicht die Kosten für Flugzeugwartung, Dienstleistungen der Flughäfen, Gehälter. Darüber hinaus muss man die Zeit der Beladung und der Entladung des Flugzeuges berücksichtigen. Unter idealen Bedingungen, auch wenn ein Il-76 bei Deir ez-Zor landet, würde seine Entladung einen halben Tag dauern. Bis die Entladung abgeschlossen ist, ist es nicht sinnvoll, ein anderes Flugzeug zu senden. Darüber hinaus sind syrische Flugzeuge stark verschlissen, sodass ihre Transporter nicht jeden Tag fliegen können. Daher wird die Luftversorgung durch Mi-8 Helikopter gewährleistet.

In Anbetracht der obigen Berechnungen und der Intensivität der Kämpfe in der Nähe von Aleppo gibt es Gründe zu glauben, dass es eine Übereinkunft ohne schriftlichen Niederschlag zwischen belagerter Bevölkerung, der Bevölkerung unter Herrschaft des IS und den Kämpfern des IS gibt, die Regierung teilweise bei ihrer Pflicht die Bevölkerung zu versorgen zu entlasten und dafür finanzielle Mittel erhalten. Es sollte kein Problem sein. Wie bereits erwähnt, ist Deir ez-Zor ein wichtiges landwirtschaftliches Zentrum. Die syrische Regierung wendet sich der russischen Luftwaffe nur unter extremen Umständen zu.

Beweis für diese Annahme ist die Tatsache, dass zwischen Januar und Februar 2016 russische Transportflugzeuge 250 Tonnen Nahrung und Medizin abwarfen. Danach gab es keine größeren Lieferungen mehr. Am 08. Juli wurden diese wieder aufgenommen und 18 Tonnen abgeworfen. Es Lieferungen von 15 Tonnen am 03. August, 18 Tonnen am 11. August, 21 Tonnen am 19. August, 20 Tonnen am 25. August und 17 Tonnen am 26. August. Für Lieferungen zwischen September und Oktober liegen keine Berichte vor. Es ist möglich die Versorgung des Militärverbandes mit Lebensmitteln, Treibstoff und Munition mit Mi-8 s aufrechtzuerhalten.

Mögliche Zukunftsszenarien

Man sollte beachten, dass die Ölfelder des Gouvernements bereits vor dem Arabischen Frühling fast erschöpft waren. Die Führung des Islamischen Staat kann nicht auf Öl als Haupteinahmequelle setzen, da die Weltmarktpreise gefallen sind. Darüber hinaus verursachten die Luftangriffe Russlands und der Vereinigten Staaten irreparable Schäden in der Ölinfrastruktur. Bohranlagen wurden zerstört und die Angriffe auf Lkw-Kolonnen, kombiniert mit Kampfhandlungen im Gebiet, bedeuteten, dass Menschen, die in der Erdölförderung und im Transport eingesetzt wurden, ihr Leben nicht mehr riskieren wollen. Unter diesen Bedingungen ist der Islamsische Staat nicht in der Lage, seine Ölförderung zu sanieren oder neue Lagerstätten zu finden. Die Ölförderung und der Export gehen jedoch weiter, wenn auch im geringeren Umfang. Sofern nicht externe Kräfte intervenieren, wird der Islamische Staat so lange an der Stadt festhalten, wie sie vom Ölverkauf einen Nutzen erzielt. Es ist auch wichtig zu bedenken, dass der Islamische Staat speziell der 104. Brigade lähmende Verluste zufügen will.

Abbildung 7. Generalmajor Issam Zahreddine.

Abbildung 7. Generalmajor Issam Zahreddine.

Diese Einheit ist eine der erfahrensten und kampflustigsten der SAA und bindet derzeit erhebliche Kräfte des Islamischen Staates in dieser Region. Die Anwesenheit von Issam Zahreddines Brigade ist ein wichtiger moralischer Faktor der Truppen der SAA. Seine Popularität ist auf seine persönliche Führung im Kampf und die ständige Präsenz an den Frontlinien zurückzuführen. Die Eroberung des Flughafens würde es ermöglichen, das die Truppen des IS von ihren Sponsoren im Persischen Golf versorgt werden. Die anhaltenden Kämpfe um Mossul und die offene Straße im Westen der Stadt geben Anlass zur Annahme, dass bis zu 8.000 Kämpfer des IS nach einer kurzen Scheinschlacht um die Stadt diese in Richtung syrisch-irakischer Grenze verlassen. Dann können sich die Terroristen in zwei Gruppen aufteilen und Richtung Deir ez-Zor (eine durch Markyada und eine durch Sur) vorstoßen und die Stadt erobern. Nach dem Fall von Deir ez-Zor währe als nächstes Palmyra bedroht.

Im Bezug auf die SAA ist diese nicht in der Lage, die Blockade in kurzfristiger Perspektive beenden. Ihre wichtigsten Operationen finden rund um Aleppo statt. Alle Reservekräfte werden dorthin entsandt. Daher können sich die Verteidiger Deir ez-Zors nur auf die Versorgung aus der Luft verlassen.

Sollte der Islamische Staat in der Lage sein den Widerstand zu brechen, werden sie die Bevölkerung abschlachten. Es würde der “internationalen Gemeinschaft” in Form der US-geführten Koalition einen zusätzlichen Grund liefern, sich hineinziehen zu lassen. Die USA werden in der Lage sein den Osten Syriens zu besetzten und dafür die unter dem Vorwand des Kampfes gegen den Islamischen Staat ausgebildete Opposition verwenden. Zu diesem Zweck existiert 60 km nordwestlich von Riyadh eine Basis, um Terroristen mit syrischer Nationalität, welche über Jordanien einreisen, auszubilden. Diese Einheit heißt New Syrian Army (NSA). Der Kommandant der NSA heißt Muhhamadat-Tallya und ist ein Überläufer der SAA. Diese werden eine Schlüsselrolle im Falle einer Eroberung von Deir ez-Zor spielen.

Im Falle einer De-facto-Teilung Syriens, die oft in westlichen Medien erwähnt wird, erhalten die USA und ihre Verbündeten eine strategisch wichtige Region. Durch Deir ez-Zor soll eine Gaspipeline aus Katar laufen. Ihr ungefährer Weg führt über den Irak durch al-Kemal in Richtung Deir ez-Zor, weiter in Richtung ar-Raqqa bis hin zur türkischen Grenze.

Diese US-amerikanischen und alliierten Operationen zeigen, dass Washington und seine Verbündeten am Persischen Golf und Istanbul nie daran interessiert waren, den internationalen Terrorismus zu bekämpfen. Ihre Interessen sind nur Geld und Macht und die Leiden und Opfer anderer sind ihnen gleichgültig.

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