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Fossile Rohstoffe sind die Grundlage unserer Industriezivilisation. Wer sie kontrolliert, beherrscht die Welt. Das bedeutet aber nicht unbedingt jede Ölquelle besitzen zu müssen, sondern die Kontrolle darüber, in welcher Währung die Welt für wichtige Rohstoffe bezahlt. Die USA haben daher ihre Währung mit dem Rohöl verknüpft. Wenn das Petrodollar-Imperium fällt, fällt die USA.
Während der letzten Tage des zweiten Weltkriegs trafen sich 44 Führer verbündeter Nationen in den USA – in Bretton Woods, New Hampshire – um eine neue Wirtschaftsordnung zu schaffen. Ein Resultat des Krieges war, dass die Vereinigten Staaten zur neuen wirtschaftlichen Führungsmacht wurden. Diese relativ junge USA wurde zum erfrischend beweglichen Ersatz für den kriegsgeschädigten, früheren Hegemon – das Britische Weltreich.
Zusätzlich zu einigen globalen Finanz-Organisationen, schaffte dieses historische Treffen auch das Bretton-Woods-System – eine internationale Währungsordnung mit Wechselkursbandbreiten, bestimmt vom US-Dollar als Ankerwährung zu der alle anderen Währungen ein fixes Wechselverhältnis hatten. Dazu wurde das Tauschverhältnis zwischen dem Dollar und einer Unze Gold festgelegt: 35 Dollar je Unze Feingold. Das Zentralbank-System der Vereinigten Staaten verpflichtete sich freiwillig, diesen Kurs durch Goldkäufe beziehungsweise -verkäufe zu sichern. Die Zentralbanken der Mitgliedsstaaten hatten sich mit Abschluss des Vertrages von Bretton Woods am 22. Juli 1944 dazu verpflichtet, durch Eingriffe auf den Devisenmärkten die Kurse ihrer Währungen in festgelegten Grenzen zu halten. Die Organe zur Organisation, Durchführung und Unterstützung des Abkommens waren die Weltbank beziehungsweise die Internationale Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (IBRD) sowie der Internationale Währungsfonds (IWF) als Überwachungsinstanz.
Das Bretton-Woods-System bedeutete also die direkte Bindung der Wechselkurse der teilnehmenden Länder an den US-Dollar. Dieses Währungssystem leistete in den ersten Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg einen grossen Beitrag zur Stabilisierung des internationalen Kapitalverkehrs und Handels. Langsam aber gerieten immer mehr Länder in eine Situation anhaltender Zahlungsbilanz-Ungleichgewichte. Ein System mit festen Wechselkursen zeigte sich als nicht durchsetzbar. Der wachsende Welthandel führte zu einem steigenden Bedarf an Dollar-Währungsreserven. Seit Mitte der 1960er Jahre traten immer häufiger Spekulationskrisen auf.
Ende der 1960er Jahre waren die USA aufgrund der Wirtschaftskonjunktur, welche durch den Vietnamkrieg angeheizt wurde, einer erhöhten Inflation unterworfen. Durch die hohen US-Militärausgaben für den Krieg bei immer stärker werdenden Volkswirtschaften – insbesondere in Japan und Deutschland – geriet der Dollar unter Druck.
Am 15. August 1971 schockierte Präsident Richard M. Nixon die Weltwirtschaft, als er die Aufhebung der Dollar-Konvertierbarkeit in Gold mit der Schliessung des Gold-Fensters bei der amerikanischen Zentralbank verkündete. Zwei Jahre später wurde das Bretton-Woods-System offiziell ausser Kraft gesetzt und in den meisten Ländern die Wechselkurse freigegeben. IWF und die IBRD blieben bestehen.
Seit dem Zweiten Weltkrieg wird der Handel mit Erdöl hauptsächlich in US-Dollar abgerechnet. In diesem Zusammenhang spricht man vom Petrodollar. In 1972/73 (also ein Jahr nach dem offiziellen Ende der Goldkonvertibilität des US-Dollars) vereinbarten (angeblich) die Vereinigten Staaten mit Saudi-Arabien, dass deren Erdöl nur in US-Dollar fakturiert werde. Als Gegenleistung würde die USA den Machtanspruch des saudischen Königshauses unterstützen und das Land militärisch schützen. Offizielle Nachweise über diese Vereinbarung fehlen natürlich.
Bis zum Jahre 1975 waren dann anscheinend alle OPEC-Staaten Teil des Petordollar-Systems (unter wohl ähnlichen Bedienungen, wie Saudi-Arabien). Die Dollarfakturierung des Erdöls schaffte eine unmittelbare, künstliche Nachfrage an US-Dollars. Je mehr Erdöl gekauft wird, desto mehr US-Dollars werden benötigt. Und was machen Ölverkäufer mit ihren Dollarmassen am besten? Sie investieren dort, wo Dollars das Zahlungsmittel sind: USA.
Die Abhängigkeit der Weltwirtschaft vom Rohöl hat zur Folge, dass der Wechselkurs jedes Landes gegenüber dem US-Dollar eine entscheidende wirtschaftliche Grösse bedeutet. Die Dollarfakturierung verursacht bilanztechnisch Verbindlichkeiten der US-Zentralbank gegenüber erdölexportierender Länder, da diesen Ländern durch den Erdölexport grosse Dollarbestände zufliessen. Der US-Zentralbank fliessen in Höhe der Erdölkaufpreise, Devisen der erdölkaufenden Nationen zu. Da es den meisten erdölexportierenden Ländern bis heute an interessanten Investitionsobjekten fehlt, fliesst ein erheblicher Anteil der Dollarbestände in die USA zurück. Die USA macht damit Gewinne durch Gelddrucken und die Kapitalimporte aus den Erdölländern senken das Zinsniveau in den USA. Der starke Dollarrückfluss in die USA wirkt allerdings inflationstreibend.
Mit Ende des Bretton-Woods-Systems und seit Einführung des Petrodollar-Systems war nicht nur Präsident Nixon im Stande weiterhin seinen teuren Krieg in Vietnam zu führen, sondern jeder seiner Nachfolger konnte von jetzt an für die Interessen der USA weltweit endlose, teure Kriege führen – ohne jemals negative Auswirkungen für die US-Wirtschaft fürchten zu müssen.
1996 entdeckte US-Notenbankchef Alan Greenspan, dass man Dollars beliebig vermehren kann, ohne dass der Wert des US-Dollars von der Welt infrage gestellt wird. In Greenspans Amtszeit stieg die zusätzliche Geldmenge um viele Milliarden US-Dollar ohne dass entsprechende Gegenwerte dies rechtfertigten. Da die Grund-Geldmenge geheim ist, können die USA noch hemmungsloser Dollars drucken. Die Möglichkeit, Geld aus dem Nichts zu vermehren, ermöglicht es den USA, ihre Rechnungen durch Preisinflation zu begleichen. Die USA kann wertvolle Güter einführen und dafür im Wert verfallende Dollars exportieren. Die Exportnationen werden in ihrem Wachstum von US-Käufen abhängig. Diese Abhängigkeit macht sie zu US-Verbündeten in einem fortgesetzten Betrug, und ihre Teilhabe an diesem Betrug hält den Wert des Dollar künstlich hoch. Das geht so lange gut, bis der Betrug aufgedeckt wird und ausländische Produzenten entscheiden, sich nicht mehr in Dollars auszahlen zu lassen beziehungsweise diese nicht länger für die Bezahlung der von ihnen erworbenen Güter vorrätig zu halten.
Als Russland in den 1990er-Jahren versuchte mit dem Drucken von Rubel seine Finanznöte zu verringern, stürzte der Wert des Rubel ins Bodenlose. Die USA hingegen vervielfachen andauernd die Masse ihrer Währung ohne nennenswerte Gegenwerte – aber der Dollarkurs sinkt nicht. Der Unterschied liegt einerseits im teilweise erpressten Vertrauen der Welt – andererseits ist die USA für die Welt eigentlich auch “too big to fail” (zu gross, um zu versagen). Denn wenn der Dollar fällt, sinkt auch das Vermögen derer, die ihn halten. Niemand will deshalb zu diesem Zeitpunkt sagen, der Kaiser habe keine Kleider.
Die USA beweisen, dass solange man in der Weltwirtschaft eine ausreichend starke Position innehat, kann man Unmengen Geld in Umlauf bringen, ohne dass es dem System schadet. Dieses zusätzliche Geld wird in perfider Weise zum Werkzeug, das defizitäres System weiterhin aufrecht zu erhalten. Ewige Kriege, welche den nötigen Zwang auf den Rest der Welt ausüben, sind für die USA zumindest wirtschaftlich – kostenlos.
Der grösste Gegenwert des US-Dollars liegt im Zwang der US-Regierung auf die Erdölexporteure, den Rohstoff gegen US-Dollar zu verkaufen. Leute zu zwingen, Papiergeld ohne realen Wert zu akzeptieren, klappt allerdings nicht ewig. Auf lange Sicht führt das zu ökonomischen Erschütterungen sowohl im Inland als auch weltweit und hat letztlich einen Preis. Als der US-Dollar immer mehr an Kaufkraft verlor, fragten sich einige Erdölproduzenten, ob das Petrodollar-System denn wirklich so sinnvoll ist. Beispiele solcher Petrodollar-Skeptikern sind Iran, Syrien und Venezuela – oder die “Achse des Bösen”, wenn man der derzeitigen Doktrin der US-Aussenpolitik Glauben schenkt. Länder, welche ebenfalls ihre eigenen Währungen für Erdöl-Kauf und -Verkauf verwenden möchten, sind z.B. China, Russland und Indien – oder, genau betrachtet, die Mehrheit der Welt.
Das Petrodollar-System erlaubt es den USA trotz eines Schuldenbergs von 17’000 Milliarden Dollar weiterhin als Wirtschaftsmacht zu überleben und zugleich endlose und teure Kriege zu führen. Die ausländische Nachfrage nach der US-Währung erlaubt es den USA gewaltige Schulden anzuhäufen, ohne zahlungsunfähig zu werden. Erdölexportierende Länder rezyklieren Petro-Dollars durch den Kauf von Schuldpapieren der US-Regierung. So lange Welthandel und internationale Finanzgeschäfte dadurch bevorzugt in US-Dollar abgewickelt werden, hält die Nachfrage nach Dollaranlagen, etwa nach US-Staatsanleihen, das Zinsniveau in den USA tief und erleichtert der US-Regierung die Schuldenaufnahme. Ein Zusammenbruch des Petrodollar-Systems könnte in den USA eine massive Inflation zur Folge haben. Je mehr Länder sich vom Petrodollar-System abwenden, desto mehr ist die Wirtschaft und sogar die Existenz der Vereinigten Staaten also in ernster Gefahr.
Im September 2000 wackelte es das erste mal im Petrodollar-System, als der irakische Präsident Saddam Hussein verkündete, dass er die Ölverkäufe seines Landes künftig in Euro, statt in Dollar abwickeln werde. Iraks nicht vorhandene militärische Macht stellte nie eine Bedrohung für die Welt dar – Saddam Hussein aber bedrohte den Dollar. Im Jahre 2001, auf der ersten Kabinetts-Sitzung der neuen US-Administration – so berichtete Finanzstaatssekretär Paul O’Neill – war der wichtigste Tagesordnungspunkt, die Frage, wie die USA Saddam Hussein absetzen können. Die USA marschierten 2003 im Irak ein und die Geschäfte wurden wieder auf Dollarfakturierung umgestellt. Die Drohungen gegen den Iran und Syrien im Vorfeld des Irak-Krieges sollten gleich auch noch diese Staaten von der Idee einer Umstellung von Petro-Dollar auf Petro-Euro abbringen.
Auch der von den USA systematisch dämonisierte Staatschef von Venezuela, Hugo Chávez, zeigte sich als eifriger Verfechter einer Euro-Fakturierung des heimischen Erdöls. Nach Venezuelas Ankündigung, Öl gegen Euro zu verkaufen, versuchten die USA dort einen Staatsstreich. Die USA unterstützen die venezolanischen Oppositionsparteien materiell, logistisch und organisatorisch. Im Putschjahr 2002 zahlten die USA z.B. 877’000 Dollar an die Opposition. Seit 2008 lässt sich Venezuela einen Teil seiner Öllieferungen in Euro statt in Dollar bezahlen. Im März 2015 erklären die USA Venezuela offiziell zur Bedrohung ihrer nationalen Sicherheit.
Bereits 2003 begann der Iran, mit seinen europäischen und asiatischen Partnern in Euro zu handeln. Im März 2006 plante der Iran die Eröffnung einer neuen iranischen Ölbörse um ausschliesslich in Euro zu handeln. Im Jahre 2012 wurde bekannt, dass die Türkei, die 18% ihres Gases und 51% ihres Erdöls aus dem Iran beziehen, diese Importe zum Teil mit Gold bezahlten.
Im Februar 2009 schlug der libysche Führer Muammar Al-Gaddafi als frisch gewählter Präsident der Afrikanische Union vor, einen panafrikanischen Staat mit einer einheitlichen, Gold-gedeckten Währung zu gründen. Der Erfolg einer afrikanischen Währungsunion wäre gesichert mit der Koppelung der Währung an den monetärsten aller Rohstoffe – Gold. Die USA-unterstütze “Revolution” in Libyen endete auch diesen Traum.
Auch der brutale Versuch der USA in Syrien den Regierungssturz zu erreichen ist verbunden mit der Notwendigkeit das Petrodollar-System zu schützen. Bleibt Dr. Assad in Syrien an der Macht, laufen die USA Gefahr, den Irak an den Iran zu verlieren – ein Schock für Saudi-Arabien, dessen riesige Ölfelder im Osten des Landes liegen – dort wo dem Iran zugetane Schiiten die Mehrheit der Bevölkerung stellen. Sogar die Sicherheitsgarantie der USA für die saudische Herrscherfamilie wäre in Frage gestellt. Natürlich auch die Rolle des US-Dollar als Abrechnungswährung für Erdöllieferungen. Durch die Unterstützung von Syrien kontrolliert Russland die geplanten Pipelines, welche Öl und Gas aus dem Iran über Irak und Syrien nach Europa leiten sollen. Diesen Trumpf kann die USA Russland natürlich nicht lassen. Eine direkte Konfrontation über Syrien zwischen den USA und Russland kann man daher zur Zeit nicht auszuschliessen. Die USA-geschürte Ukraine-Krise kann man als die erste direkte Salve in einem sich anbahnenden Weltkrieg betrachten.
2008 eröffnete der zweitgrösste Ölexporteur der Welt – Russland – nach zweijährigen Vorbereitungen eine Energiebörse, auf der Transaktionen in Rubel und in Gold getätigt werden. Ausserdem arbeiteten Russland und China daran, den Dollar komplett aus ihren gegenseitigen Handelsgeschäften zu verbannen. Auch organisiert Russland eine Eurasische Wirtschaftsunion, zu der auch eine Einheitswährung gehören soll und die über ihren eigenen unabhängigen Energiemarkt verfügen soll. Alles spricht dafür, dass die Länder der Eurasischen Wirtschaftsunion schrittweise den Dollar aufgeben werden.
Mit der Ukraine-Krise wurde im Februar 2014 Russland zum Angriffsziel der USA. Russland soll isoliert werden und mit der Ukraine so sehr beschäftigt werden, dass die USA in Syrien und Irak freie Hand hat. Doch Russland ist nicht der Irak oder Libyen oder Syrien. Die Strategie zieht nicht. Die Sanktionen haben dazu geführt, dass Russland mit China und Iran enger zusammenarbeiten und sie haben dazu geführt, dass Russland die Entdollarisierung vorantreibt. Russland mit China schaffen eine Alternative zum SWIFT-System und stemmen sich mit der Gründung einer eigenen Ratingagentur gegen die Dominanz der USA bei der Bewertung von Schuldnern und Finanzanlagen.
Als 2014 die Weltwirtschaft zitterte angesichts der Möglichkeit, dass die USA zahlungsunfähig werden – rief Chinas staatliche Nachrichtenagentur Xinhua zu einer “entamerikanisierten” Welt auf. Eine neue internationale Leitwährung sollte den dominanten Dollar ablösen. Sobald Russland und China zeigen, dass man den Dollar aufgeben kann, werden andere Länder folgen. Alle Erdölexporteure haben den Wunsch, ihre geringwertigen Dollarbestände loszuwerden und auf werthaltigere Währungen umzusteigen. Kommt die Entamerikanisierungs-Lawine einmal ins Rutschen, implodieren die USA in Anarchie und Chaos und es wäre das Ende der US-Hegemonie.
Die grösste Gefahr für das Petrodollar-System geht also von Russland und China aus. Die Drohgebärden der USA fallen aber bei diesen zwei Staaten auf taube – atomar bewaffnete Ohren. Es stellt sich jetzt für den Rest der Welt die Frage ob man riskieren kann, mit den USA etwas versagen zu lassen, das eigentlich bis jetzt als “zu gross zum Versagen” galt. Die Frage ist aber auch: Darf man die auf völlig absurden Grundlagen basierenden USA immer weiter so machen lassen – mit immer noch schlimmeren Wirtschaftskrisen; endlosen, herbei gelogenen Kriegen und immer gefährlicheren Drohgebärden gegen alles und jeden – bis zum Atom-Armageddon?