Ursprünglich erschienen bei The Vineyard Saker – Deutsche Version
Foreign Minister Sergey Lavrov’s interview to Komsomoskaya Pravda, Moscow, May 31. 2016
K.P.: Die türkischen Kurden haben Russland gedrängt, seine Haltung zum jetzigen Genozid an den Kurden öffentlich zu machen. Die Stadt Diyarbakir beispielsweise wurde völlig zerstört, wie viele andere Städte. In der Türkei findet ein Bürgerkrieg statt, dennoch hat Russland nicht interveniert.
Die syrischen Kurden wundern sich, warum Russland Waffen an [den irakischen Kurdenführer] Massoud Barsani liefert, aber nicht an die syrischen Kurden, die wirklich gegen ISIS kämpfen. Irakisch-Kurdistan ist das Spielfeld der USA, und Massoud Barsani ist ein pro-türkischer Politiker, der es türkischen Truppen erlaubt hat, nach irakisch-Kurdistan zu kommen.
Guerillas von der kurdischen Arbeiterpartei, die in den Kandil-Bergen kämpfen, haben ebenfalls um Unterstützung gebeten, zumindest mit diplomatischen Mitteln, wie es die Sowjetunion getan hat, wenn wir ihnen nicht militärisch helfen.
S.L.: Wir geben diese Art der Unterstützung. Es ist möglich, dass wir öfter davon reden sollten, obwohl die Sprecherin des Außenministeriums, Maria Sacharowa, das Thema des Genozids an den Kurden in der Türkei regelmäßig auf ihren Konferenzen erwähnt.
Grundsätzlich sprechen wir oft über die Haltung der Türkei zu den Kurden. Wir fordern nur Eines – dass die Türkei die Truppen zurückzieht, die sie in den Irak geschickt hat, vermeintlich, um die irakische Souveränität zu stärken, wie der ehemalige türkische Premierminister Ahmet Davutoglu behauptete. Das ist unannehmbar. Ich glaube, das was die Türkei tut, hat eine breitere öffentliche Aufmerksamkeit bei unseren westlichen Partnern verdient. Sie glauben, dass die „Alliierten“ alles untereinander lösen werden. Das ist keine gute Position. Als die Türkei den griechischen Luftraum verletzte, und Russland daraufhin einige härtere Bemerkungen machte, sagte NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg, „beide sind NATO-Verbündete“, die ihre Probleme selbst lösen könnten. Erst einmal, was ist mit Zypern, das kein NATO-Mitglied ist und dessen Luftraum regelmäßig von der Türkei verletzt wird? Zweitens, was für eine Art Haltung ist das? Heißt das, man kann alles tun, was man will, wenn man NATO-Mitglied ist? Die EU hat das gleiche Problem: EU-Mitglieder müssen sich nicht vor dem Europarat verantworten. Sie sagen, sie befassen sich nur mit Menschenrechtsverletzungen durch Nichtmitglieder der EU, weil sie ein spezielles Verfahren für Verletzungen innerhalb der EU-Länder hätten.
Wir werden weiter darauf bestehen, dass die Türkei ihre eigenmächtigen Aktivitäten im Irak beendet, vor allem in Hinsicht auf die Kurden. Neben offensichtlicher neo-ottomanischer Anklänge gibt es auch wirtschaftliche Erwägungen: die Türkei versucht, im Irak einen Fuß in die Tür zu bekommen, und wartet auf das Ergebnis der Schlacht um Mossul, um dann die Kontrolle über die Ölfelder zu übernehmen. Und dann wird die Türkei auf die internationalen Reaktionen warten. Bis dahin könnte der Irak zerfallen, aber die Türkei hat sich dann schon eingegraben. Das ist offensichtlich. Daher stimme ich Ihnen und Ihren kurdischen Gesprächspartnern völlig zu.
Was irakisch Kurdistan angeht, wir schicken dem Irak und irakisch-Kurdistan Waffen, um gegen Terroristen zu kämpfen, mit Billigung und Zustimmung der irakischen Regierung. Nur nach diesem Grundsatz handeln wir.
Die syrischen Kurden erhalten Luftunterstützung und andere Arten der Unterstützung. Ofen gesagt, wir haben aktiv, und nicht völlig erfolglos, daran gearbeitet, die syrische Regierung zu überzeugen, mit den Kurden zusammenzuarbeiten, statt die zukünftige Rolle der Kurden im syrischen Staat beschränken zu wollen.
Natürlich war niemand glücklich, als die Demokratische Unionspartei (PYD) sich zur Bundesregion erklärte, aber das war die Reaktion der Kurden auf die Position der Türkei. Wir haben zugestimmt, dass die Genfer Gespräche zu Syrien inklusiv sein müssen, was die Teilnehmer betrifft. Die PYD jedoch, die 15 Prozent der syrischen Bevölkerung vertritt, wurde aus den Gesprächen ausgeschlossen, weil ein Land – die Türkei – gegen ihre Teilnahme ein Veto einlegte. Als wir unserer Empörung darüber Ausdruck verliehen und sagten, die Kurden müssten zu den Gesprächen zugelassen werden, haben unsere amerikanischen und anderen Partner und der Sondergesandte der UN für Syrien, Staffan de Mistura, uns gesagt, wenn die Kurden nach Genf kämen, würde die Riad-Gruppe (das Hohe Verhandlungskomitee) gehen und nicht weiter kooperieren. Aber diese Gruppe hat nicht kooperiert und verließ die Gespräche ohnehin. Und Herr Staffan de Mistura hat nicht dagegen protestiert, obwohl wir ihn angewiesen hatten, die nächste Gesprächsrunde vor dem Ramadan zu halten. Er beabsichtigt, die Gespräche in zwei Wochen, oder gar erst nach dem Ramadan, wieder aufzunehmen, wegen der Ultimaten, die diese sture Partei stellt. Sie dachten, die Anwesenheit der Kurden bei den Gesprächen hätte eine negative Wirkung, aber die Wirkung war die gleiche, auch ohne die Kurden. Sie haben ihr wahres Gesicht gezeigt.
Es gab noch einen zweiten Fall von Desertion: Mohammed Alloush von Jaish al-Islam hat die Friedensgespräche verlassen. Jaish al-Islam ist eine terroristische und extremistische Gruppe. Es wurden jedoch Versuche gemacht, ihre Handlungen zu rechtfertigen, vermutlich, weil erwartet wurde, dass die Einsätze von Jaish al-Islam die Stellungen Präsident Bashar al-Assads schwächen. Die Taktik, Terroristen zu nutzen, um die eigenen Ziele zu erreichen, und über ihr Schicksal zu entscheiden, nachdem sie ihre Rolle gespielt haben, ist eine Strategie, die in eine Sackgasse führt. Auch mehrere Mitglieder des Hohen Verhandlungskomitees, die die moderate Opposition vertraten, haben die Friedensgespräche verlassen. Ich glaube, dass alle Verhandler der radikalen Opposition irgendwann die Gespräche verlassen werden. Dennoch müssen wir schnell handeln, und die Kurden müssen am Genfer Prozess teilnehmen. Die Verfassung oder irgendeine andere Struktur, die von der syrischen Regierung gemeinsam mit der Opposition gebildet werden soll, ohne die Kurden zu diskutieren, wird zum Zusammenbruch der Gespräche führen.
K.P.: Sie sind eine der drei am meisten respektierten politischen Gestalten in Russland. Was sind Ihre Pläne für die Zukunft?
S.L.: Um ehrlich zu sein, ich habe nie Pläne für mein Leben gemacht, die Dinge sind eher von sich aus geschehen. Mir wurde an verschiedenen Orten Arbeit angeboten, aber immer irgendwo im Außenministerium. Zuerst hatte ich das Angebot, in Sri Lanka zu arbeiten, dann war es die Abteilung für internationale Wirtschaftsorganisationen. Als Andrei Kosyrew von dort ins Amt des Außenministers der RFSR wechselte, bot mir der verstorbene Staatssekretär, Wladimir Petrowski, 1990 den Posten der Leitung der UN-Abteilung an. Nach dem Putsch [August 1991] und vor dem Vertrag von Minsk, lud mich Andrei Kosyrew ein, zu ihm ins Außenministerium der RSFSR zu kommen und sein Stellvertreter zu werden. Das ist jetzt kein Geheimnis mehr, und ich denke nicht, er hat etwas dagegen, wenn ich es sage. Ich sagte damals, ich sei noch nicht bereit zu einem solchen Schritt und hätte ohnehin nicht den Wunsch. Er fragte mich, warum nicht. Ich sagte, ich sei nur ein Jahr lang Leiter einer Abteilung gewesen und hätte Leute mitgebracht, die ich kenne und auf die ich mich verlassen könnte. Er schlug vor, ich solle sie alle mit in das Außenministerium der RSFSR bringen. Ich sagte, sie würden nicht gehen wollen. Er fragte, warum nicht, und ich sagte, sie hätten einen Eid geschworen, ihrem Land zu dienen. Ziemlich emotional sagte er dann, wir würden uns alle hinter dem Zeichen der Sowjetunion verstecken, verängstigt da sitzen, ohne Ahnung, was als Nächstes passieren würde, und währenddessen kämen zu ihm all diese Delegationen. Sie erinnern sich vielleicht, die verschiedensten westlichen Besucher waren damit beschäftigt, eine Rundreise durch alle Sowjetrepubliken zu machen. Ich erinnerte ihn an die gemeinsame Vereinbarung zwischen Michail Gorbatschow und Boris Jelzin, dass das sowjetische Außenministerium den Außenministerien der Sowjetrepubliken Unterstützung gewähren würde. Wir halfen ihnen, wenn sie Übersetzer brauchten, halfen ihnen mit Transportmöglichkeiten. Die Außenministerien der verschiedenen Republiken waren damals noch winzig und konnten nicht mit allen anstehenden Aufgaben fertig werden, aber wir halfen ihnen.
Ich verließ das Büro. Andrei Kosyrew war aufgeregt, unglücklich, aber selbst dann hat mich nach diesen Ereignissen niemand gefeuert, und im April 1992 wurden Vitali Tschurkin und ich über Nacht zu stellvertretenden Außenministern ernannt, ohne je danach gefragt zu haben.
Das einzige Mal, dass ich ein Angebot ablehnte, war, als Jewgeni Primakow mir vorschlug, nach Washington zu ziehen. Ich hatte damals schon 18 Monate in New York verbracht. Er war ein großartiger Mann, aber ich hatte keine Wahl, hier musste ich mit ihm argumentieren. Als ich versuchte, das Angebot abzulehnen, sagte er, ich sei politisch ignorant und würde die Situation schlicht nicht verstehen. Ich fragte ihn, warum er so hartnäckig sei, dass ich diesen Job übernehmen solle. Er sagte, er hielte mich für die beste Person. Ich frage ihn, was denn an Washington so besonders wäre, dass ich dorthin gehen solle. Er sagte, Washington sei der wichtigste Ort. Ich bat um Erlaubnis, den großen Denker Jewgeni Primakow zu zitieren, jenen, der gesagt hatte: „wir sehen die Entstehung einer multipolaren Welt, die ein Gegengewicht zur unipolaren Welt sein wird“, Ich sagte, diese multipolare Welt würde tatsächlich Gestalt annehmen, aber nicht in Washington, wo man, wenn man etwas tun müsse, erst einen Termin machen musste, ohne sicher zu sein, dass man einen bekäme, aber in New York müsse man nur das UN-Gebäude betreten, dann würde einem jedermann über den Weg laufen, Informationen bringen, Menschen, mit denen man reden muss, und die mit einem reden müssen. In der UN gibt es Raum zum Manövrieren, weil es 15 Leute sind im Sicherheitsrat (fünf ständige Mitglieder und 10 nicht-ständige Mitglieder), und es die Vollversammlung gibt, in der man Ideen direkt in den Raum werfen kann, ohne dass sie an irgendjemand vorbei müssen. Jewgeni Primakow war wirklich ein großer Mann, und er stimmte mir letztlich zu und ließ mich in New York.
K.P.: Wie können wir Erfolge in der Außenpolitik auf die politische Bühne des Landes übertragen?
Denken Sie, wir sollten ein Denkmal für Jewgeni Primakow errichten? Vielleicht nicht in Moskau, aber in einer der Regionen, in Perm etwa?
S.L.: Soweit es möglich ist, Außen- und Innenpolitik zu verbinden und zu verknüpfen, liegt die Priorität darauf, die Sicherheit und die bestmöglichen wirtschaftlichen Bedingungen für Russlands Entwicklung zu garantieren. Das ist das Wichtigste in unserem außenpolitischen Konzept, und wir werden dieses Ziel im neuen Entwurf des außenpolitischen Konzepts beibehalten, das wir momentan auf Anweisung von Präsident Wladimir Putin erarbeiten. Das bedeutet, wir müssen eine Umgebung sicher stellen, in der unsere Unternehmen keine Diskriminierung erleben und unsre Bürger um die Welt reisen können, ohne Diskriminierung oder ungesetzliche Handlungen gegen sie fürchten zu müssen. Leider gelingt es uns nicht immer, das zu garantieren. Die Amerikaner beispielsweise ‘stehlen’ unsere Leute unter Verletzung der Gesetze der Länder, auf deren Grund diese Entführungen stattfinden. Das war der Fall mit Viktor Bout, Konstantin Jaroschenko, Roman Selesnjew und Dutzenden anderer Leute, die aus Europa und anderen Ländern ‘weggeschnappt’ wurden.
Aber ich bin mir sicher, dass diese Arbeit Ergebnisse bringen wird, und wir fangen tatsächlich bereits an, ihre Früchte zu sehen. Wenn irgendein Cyberkrimineller festgenommen wird, wären wir die letzten, die versuchen, ihn zu schützen. Diese Leute stehlen schließlich Geld, in Russland und im Ausland. Aber er sollte hier vor Gericht gestellt werden. Wir haben das russisch-US-amerikanische Konsularabkommen und andere Übereinkünfte, die für den wechselseitigen Transfer von Verdächtigen in Strafsachen sorgen. Aber das ist jetzt ein großes Problem geworden. Wir sorgen uns allgemein um die Sicherheit unserer Bürger, die ins Ausland reisen, für Tourismus oder schlicht in privaten Geschäften. Das ist ein wichtiger Aspekt unserer Arbeit.
Ein andere Aspekt unserer Arbeit ist, alles, was wir tun können, zu tun, um sicherzustellen, dass Regierungen in Ländern, in denen wir Interessen haben, russische Unternehmen mit gutem Willen und Fairness behandeln. Auch auf diesem Gebiet haben wir einige konkrete Ergebnisse. Natürlich muss das wechselseitig sein, und die Unternehmen müssen sich auch aktiv darum bemühen. Rosatom beispielsweise arbeitet in vielen Teilen der Welt sehr aktiv und hat eine Rekordzahl von Aufträgen. Das hilft unmittelbar, um eine langfristige, stabile und solide Basis für die Entwicklung strategischer Beziehungen mit dem betreffenden Land zu schaffen. Der Sektor der Atomenergie ist ein langfristiger Sektor, der große Projekte beinhaltet und Konstruktion, Ausbildung sowie die Lagerung und Behandlung abgebrannten nuklearen Materials umfasst.
Wir sehen in dieser Arbeit eine Chance, unsere Fähigkeiten zu nutzen, und unsere Möglichkeiten, bei Reform im Inneren zu helfen, aber natürlich ist es letztlich nicht die Aufgabe des Außenministeriums, Reformen und Entwicklung im Inland durchzuführen.
Was Jewgeni Primakow betrifft, wir haben schone in Projekt zur Errichtung eines Denkmals für ihn. Wir haben gleich nach dem traurigen Ereignis seines Ablebens angefangen, über diese Idee nachzudenken. Zusätzlich zu den Entscheidungen, die Präsident Wladimir Putin bereits getroffen hat, um das Gedächtnis Primakows zu verewigen (es gibt die Jewgeni Primakow Medaille und das Jewgeni Primakow Stipendium für das Studium am Moskauer Staatsinstitut für Internationale Beziehungen (MGIMO) und der Moskauer Staatsuniversität, und das Institut für Weltwirtschaft und Internationale Beziehungen trägt seinen Namen), denken wir, es wäre gut, ein Denkmal für ihn zu errichten, und ich habe vor, das dem Präsidenten vorzuschlagen.
Was das betrifft, wo das geschehen soll, Primakow war Premierminister, Direktor des Auslandsnachrichtendienstes, Außenminister und Akademiker. Es gibt das Gebäude, in dem er gelebt hat, aber wir würden lieber ein Denkmal auf dem Smolenskaja-Platz sehen, auf dem Platz zwischen dem Hotel Belgrad und dem Gebäude des Außenministeriums. Das ist ein Ort, an dem die Leute dieses Monument immer sehen würden, und der Erinnerung Primakows ihren Respekt zeigen. Aber wie ich sage, diese Frage ist noch nicht untersucht. Dies ist das erste mal, dass ich diesen Vorschlag laut ausgesprochen habe. Vielleicht wäre es besser gewesen, erst einen offiziellen Vorschlag zu machen.
K.P.: Haben Sie Ambitionen auf das Amt des Präsidenten, oder schwimmen Sie mit dem Strom?
S.L.: Ich fühle mich wohl in einer Tätigkeit, die mir anvertraut wurde. Das mag arrogant klingen, aber ich versuche, Fragen ehrlich zu beantworten.
K.P.: Sie haben in der UN das Recht, zu rauchen, wo immer sie wollen. Können Sie das auch im russischen Außenministerium?
S.L.: Ich kann nicht gegen russische Gesetze verstoßen, aber ich würde sagen, diese Gesetze gehen ziemlich über das hinaus, was in Europa und vergleichbaren Ländern auf diesem Gebiet gemacht wird. Es gibt viele Wege, wie man dieser schädlichen Angewohnheit nachgehen kann, ohne anderen Probleme zu bereiten. Ich glaube, das sollte in unserer Gesetzgebung niedergelegt werden.
K.P.: Wollen Sie jetzt rauchen?
S.L.: Nein. Tatsächlich rauche ich nicht oft.
K.P.: Heute ist Weltnichtrauchertag, der von der UN erklärt wurde. Wann hören Sie auf, zu rauchen?
S.L.: Ich habe heute noch nicht geraucht. Ich rauche nur selten. Ich treibe Sport und spiele Fußball.
K.P.: Mögen sie Rafting? Wird es Ihnen gelingen, dieses Jahr zum Rafting zu gehen?
S.L.: Ich hoffe doch.
K.P.: Wir würden gerne russische Diplomaten ohne Doppel- oder Dreifachkinn sehen, die moderne Anzüge tragen. Schließlich vertreten sie ein großes Land. Können Sie sie anweisen, Sport zu treiben?
S.L.: Ich mag es nicht, irgendjemand irgendetwas aufzuzwingen. Aber ich weiß, dass in diesem Gebäude ein sehr guter Sportraum ist, in dem unser Personal Tennis spielt, Volleyball, Basketball, und Fünf gegen Fünf. Wir haben auch ein Schwimmbecken. Nebenbei, dieses Projekt war eine ganze Zeit lang stillgelegt. Der Bau begann 1986 und wurde erst vor wenigen Jahren vollendet. Aber jetzt haben wir alles, was wir brauchen, um die „Doppel- und Dreifachkinne“ los zu werden.
K.P.: Schwimmen Sie?
S.L.: Nein, ich ziehe Mannschaftssport vor. Ich spiele Fußball und gehe zum Rafting, was ein sehr fordernder Sport ist. Ich mache auch Workout im Studio. Kurz gesagt, ich versuche, verschiedene Arten Sport zu treiben.
K.P.: Die Sprecherin des Außenministeriums, Maria Sacharowa, hat zum Volkslied Kalinka getanzt. Haben Sie ihren Auftritt gesehen? Falls ja, hat er Ihnen gefallen?
S.L.: Ja und ja.
K.P.: Tanzen Sie?
S.L.: Nein, ich bin kein Tänzer.
K.P.: Diplomatie ist gut, aber wir sind alle aus Fleisch und Blut. Hatten Sie je das Bedürfnis, während Ihrer Treffen mit Ihren westlichen Partnern, einem von ihnen eine zu verpassen?
S.L.: Das ist mehr oder weniger, was Iwan Urgant mich gefragt hat, als ich vor drei Jahren in seine Show kam, als sie gerade erst anfing. Er fragte mich, ob ich je auf einen meiner Kollegen hätte fluchen wollen. Ich habe damals diese Frage beantwortet.
K.P.: Wie lehrt man ein Kind am besten, eine verantwortliche Person zu sein? Wie haben Ihre Eltern sie gelehrt, als Sie ein Kind waren? Haben sie Sie geschlagen, oder versuchten sie, Ihnen die Dinge zu erklären?
S.L.: Sie haben mich nie geschlagen. Und was das Erklären angeht, einige Worte waren wie Mohrrüben, aber andere Worte waren wie ein Stock. Das ist unvermeidlich.
K.P.: Viele Leute haben T-Shirts mit Ihrem Porträt gekauft und der Aufschrift „Wir lieben Lawrow“. Wie denken Sie über diese „politische Mode“?
S.L.: Wir sind alle menschlich, und natürlich schmeichelt das. Einer meiner alten Schulfreunde hat mich sogar gefragt, warum ich kein Copyright registriere und Lizenzen kassiere.
K.P.: Wer hat Sie auf der berühmten Pressekonferenz verärgert?
S.L.: Ich war nicht verärgert. Später habe ich mir das Video angesehen und sah, dass ich ungestört dasaß.
K.P.: Aber das Wort ist ihnen herausgerutscht, oder?
S.L.: Entschuldigung, aber ich bin nicht der Einzige, der in einem Moment erwischt wurde, als er dachte, das Mikrofon sei aus, und es war an. Der britische Premierminister David Cameron und US-Präsident Barack Obama haben beide ihre Ausrutscher am Mikrofon erlebt. Einer von Obamas Mikro-Ausrutschern hatte mit der Abwehr ballistischer Raketen zu tun.
K.P.: Haben Sie irgendwelche Vorlieben, was nationale Küchen angeht? Mögen Sie gutes Essen?
S.L.: Nein, ich kann fast alles essen. Wenn ich in einem Land mit sehr ausgeprägter Küche bin, beispielsweise in China, Japan, Italien oder Ungarn, mag ich es, ihre Nationalgerichte zu kosten. Ich bin Allesfresser.
K.P.: Wenn Sie einen Brief an sich als Kind schicken könnten, was würden sie schreiben?
S.L.: „Serjoscha, du hast ein interessantes Leben vor Dir.“
K.P.: Sie sind schon lange Russlands Außenminister. Würde es Ihnen gefallen, einen Tag als Außenminister eines anderen Landes in einer anderen Epoche zu verbringen?
S.L.: Das könnte interessant sein. Es gibt mehrere Länder, die uns auf die Nerven gegangen sind. Ich würde gerne einen Tag dorthin kommen, um diese Schandtaten zu beenden.
K.P.: Die Idee wäre gut für einen Hollywood-Film.
S.L.: Warum einen Hollywood-Film? Wir haben auch gelernt, gute Filme zu machen.
K.P.: Gehen Sie je ins Kino?
S.L.: Kaum. Aber ich schaue regelmäßig Filme.
K.P.: Welchen Film haben Sie zuletzt gesehen, und an was daraus erinnern Sie sich am Besten?
S.L.: Da fällt mir gerade nichts ein. Ich würde gerne Flight Crew sehen, aber der ist noch nicht auf DVD.
K.P.: Kann Herr Sergej Lawrow ins Kino gehen?
S.L.: Ich bin früher ab und zu gegangen. Das letzte Mal habe ich einen Film im Chudoschestwenni-Kino gesehen, aber das war vor langer Zeit.
K.P.: Herr Lawrow, es ist allgemein bekannt, dass Sie Gedichte schreiben und der Autor der offiziellen Hymne der Universität des MGIMO sind. Schreiben Sie noch Verse? Bereiten Sie einen neuen Gedichtband zur Veröffentlichung vor?
S.L.: Nein, ich habe einmal Gedichte geschrieben. Aber ich habe seit meiner Ernennung zum Außenminister keine Verse von Bedeutung mehr geschrieben. Für informelle Parties und für Geburtstage von Freunden habe ich geschrieben. Aber ich habe seit meiner Ernennung sehr wenig Zeit. Andererseits war meine Zeit in New York auch nicht gerade ein Strandspaziergang.
K.P.: Einige Leute fragen sich, ob Sie überhaupt schlafen.
S.L.: Ich schlafe in der Nacht.
K.P.: Und wenn Ihr Flugzeug landet, ist es bereits Morgen.
S.L.: Ich versuche, in der Ortszeit eines Gastlandes zu leben.
K.P.: Es muss schwer sein, sich an einen neuen Rhythmus von Tageslicht und Dunkelheit zu gewöhnen.
S.L.: Ich komme klar. Ich weiß nicht wie, aber Menschen sind unterschiedlich.
K.P.: Gut. Ein anderes Ihrer Hobbies. Wir haben einen Anruf.
Zur Information unserer Hörer kann ich sagen, dass Herr Lawrow vor dem Hintergrund unseres KP-Banners sitzt. Ich verstehe, warum es rot und weiß ist. Vermutlich ist das ein Hinweis auf Ihre Fußballvorlieben. Und hier ist jetzt ein Anruf von einem Zuhörer: „Hallo, Herr Lawrow, es ist kein Geheimnis, dass Sie ein Fußballfan sind, ein Spartak-Moskau-Mann. Heute wird es in Ihrem Lieblingsclub ein Treffen der Direktoren geben. Es wird klar werden, wer der nächste Trainer wird, und wie die Entwicklungsstrategie des Clubs aussieht. Haben Sie zu dem Thema eigene Ideen? Vielleicht würden Sie dem Clubmanagement gerne einen Rat geben, oder gar in den Vorstand gehen?“
S.L.: Offen gesagt, ich wusste nichts von einer Sitzung heute. Seit den letzten Trainerwechseln schaue ich es eher von der Seitenlinie aus an. Ich habe da keine Meinung. Ich wurde nicht eingeladen, mich anzuschließen, aber ich kenne die meisten Vorstandsmitglieder. Wir treffen uns regelmäßig, auch im Stadium, wenn Spartak in Moskau spielt. Ich kann nichts vorhersagen oder raten. Ich glaube fest, dass der Trainer von Spartak jemand sein sollte, der für Spartak steht, zumindest für meine Generation. Es gibt eine ganze Reihe solcher Leute, einschließlich Dmitri Alenitschew.
K.P.: Aber aus Ihrer Sicht als Fan, ja oder nein?
S.L.: Ich habe gerade nein gesagt, oder?
K.P.: Nebenbei, Herr Lawrow, da gibt es etwas, was ich sie fragen wollte. Es gibt ein bekanntes Foto von Ihnen, auf dem Sie mit dem Handy telefonieren, auf dessen Rückseite ein Logo von Spartak ist.
S.L.: Dieses I-Phone war ein Geschenk meiner Tochter. Es gibt eine „Tuning-Firma“ in Moskau, die kann jedes Logo auf die Rückseite bringen.
K.P.: Funktioniert es noch?
S.L.: Ja, das tut es.
K.P.: Herr Lawrow, die Suche nach der russischen Identität ist heute eine drängende Frage. Was hilft Ihnen persönlich, sich als Russe zu sehen: die Sprache, die Kultur, die Bildung oder etwas anderes?
S.L.: Alles oben genannte. Ich glaube, man kommt von der Sprache schlicht nicht weg. Das gleiche gilt für Kultur und Bildung, denn Bildung ist ein Werkzeug, mit dem man in Sprache und Kultur eintaucht – mehr noch, die Art von Eintauchen, bei der man sich zu Hause fühlt wie ein Fisch im Wasser.
Natürlich ist es ganz wichtig, sein Land anzuschauen, zu sehen und im Körper zu fühlen, sozusagen. Ich mochte es sehr, zu trampen. Als ich in der Schule war, nach der 7. Klasse, gingen wir regelmäßig trampen, erst mit einem Lehrer, dann allein. In meinen Universitätsjahren gab es Studentenbauteams im Sommer: Kaukasus, Tuwa, Wladiwostok, Jakutien. In den Winterferien gingen wir in den Norden, Skilaufen: Karelien, die Region Archangelsk. Ich habe die großartigsten Erinnerungen daran. Dort gibt es verlassene Dörfer, Häuser, in Karelien, weil die Holzschlagfirmen geschlossen haben und die Leute anderswohin gezogen sind. Wir haben dort einen Hund aufgelesen, eine Kiste zusammengebaut, auf einen Schlitten montiert, und der Hund hat für uns das schwere Zeug gezogen. Bei solchen Erinnerungen kommen immer Details hoch. Sie sind kostbar. Also es ist wichtig, zu gehen und sein Land zu kennen.
Es ist eine gute Sache, dass die Russische Geografische Gesellschaft darauf einen Schwerpunkt legt, und dass ein besonderer Fernsehkanal geschaffen wurde. Präsident Putin unterstützt diese Bemühungen und gibt persönlich ein Beispiel. Als Mitglied der Russischen Geografischen Gesellschaft versuche ich, einen nützlichen Beitrag zu ihrer Arbeit zu leisten.
K.P.: Wie wichtig ist die Entwicklung von Verbindungen mit Partnerstädten heute? Sind diese Verbindungen noch aktiv?
S.L.: Sehr sogar. Um sicher zu gehen, es gibt einige extreme Fälle, wie, als Kiew und gewisse europäische Städte das Programm verlassen haben – vor allem neue Mitglieder der NATO und der EU. Ich höre, dass eine Reihe von Städten als Protest ihre Verbindungen mit Schwesterstädten in Russland gekappt oder eingefroren haben. Wir jedenfalls unterstützen diese Programme aktiv. Wir betreiben kein Micromanagement. Sie haben direkte Kontakte. Das wird von all unseren Gesetzen erlaubt. Sie tun dies auf Grundlage eines Dokuments, in dem sie direkt ihren Wirtschaftsaustausch koordinieren. Größtenteils befassen sich Partnerstädte nicht mit wirtschaftlichen Tätigkeiten (das ist das Spielfeld von Beziehungen zwischen Regionen), aber sie sorgen für Austausch in Kultur, humanitären Fragen und Bildung. Ich glaube, das ist eine wunderbare Art der Kooperation. In bestimmten Fällen hilft es, Probleme zu überwinden, die die Kommunikation im Falle von Krisen und Konflikten behindern. Es gibt beispielsweise die Organisation der wirtschaftlichen Zusammenarbeit am Schwarzen Meer. Das ist ein Klub der Städte am Schwarzen Meer. Die Statuten der Organisation enthalten keinen Ausschluss der Teilnahme von Suchum. Allgemein kann man, auf der inoffiziellen Ebene, von unten, auf der Ebene dieser Städte und Bevölkerungszentren, viele Dinge leichter lösen als auf der Ebene der offiziellen Vertreter der Mitgliedsstaaten der Organisation. Manchmal können innerhalb des Rahmens der Partnerstädte neue Herangehensweisen gefunden werden, die das Fundament für die Lösung manch ernster politischer Probleme legen.
K.P. Danke für Ihre Kommentare. Es gibt eine weitere kleine Anfrage von einem Leser der KP. Wir können nicht anders, als Ihnen diese Frage vorlesen: „Ich bin Alexander Anutschin. Ich bin 16. Nächstes Jahr werde ich in der 11.Klasse der Schule Nr. 1414 sein, der ehemaligen Schule Nr. 607, die Sie besucht haben. Könnten Sie am 1. September zu Ehren des 80. Jahrestages Ihre Schule besuchen?“
S.L.: Zuerst, ich freue mich, dass diese Frage gesendet wurde. Es ist wirklich eine wundervolle Schule. Ich versuche, ihr zu helfen, wenn auch nicht immer so gut, wie ich es sollte. Dennoch, wir Klassenkameraden treffen uns regelmäßig. Die Schule hat einen besonderen Tag im Februar für die Treffen der Ehemaligen, und dort treffen wir uns. Was den 1.September angeht, kann ich das leider nicht annehmen, weil ich für eine jährliche Präsentation an der Universität des MGIMO gebucht bin. Aber ich werde mit Sicherheit zu den Feiertagen im Februar die Schule besuchen.
K.P: Herr Lawrow, wir sind mit unseren Lesern übereingekommen, dass die Person, die die interessanteste Frage gestellt hat, ein Geschenk vom Außenministerium erhalten soll. Welche Frage fanden Sie am interessantesten?
S.L.: Mir hat die Frage gefallen, in welchem Außenministerium ich gerne für einen Tag wäre. Das war sehr anregend.
K.P.: Der Autor wird einen besonderen diplomatischen Regenschirm und ein Foto mit dem Autogramm des Ministers erhalten.
Herr Lawrow, von unserer Seite, im Namen des Verlagshauses der Komsomolskaja Prawda, möchten wir Ihnen einen Satz von 25 CDs mit den besten sowjetischen und russischen Sängern und Liedermachern übergeben. Wir alle wissen, dass sie ums Feuer Lieder mögen, die zur Gitarre gesungen werden.
S.L.: Ich würde gerne allen Lesern und Hörern der KP meine besten Wünsche schicken.